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Von Mooren, dem Data Lake und Mobilitätsangeboten

Dass die vergangene Münchner GI-Runde 2023 thematisch viel zu bieten hatte, das zeigte sich in unseren bisherigen drei Teilen der Nachberichte (Teil eins, Teil zwei und Teil drei). Angefangen bei Datenräumen über digitale Zwillinge im städtischen Kontext bis zu 3D-Stadtmodellen und der Positionierung. Doch damit nicht genug, wie der vierte und abschließende Teil zeigt. Hier geht es unter anderem um Moore und Mobilitätsangebote.

Moore sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Bild: stock.adobe.com (Alexandra)

Der abschließende Block zur Münchner GI-Runde 2023 stand ganz im Zeichen der Hydrologie und des Wassermanagements (Wissenschaftsforum) sowie von Mobilitätsthemen, die in einem Praxisforum zur Sprache kamen. Prof. Gerald Jurasinski, Universität Greifswald, ging in seinem Vortrag auf wiedervernässte Moore ein. Dabei standen die Auswirkungen der langfristigen Entwicklungen im Kontext der Klimaereignisse im Mittelpunkt seiner Ausführungen. Moore seien nach Prof. G. Jurasinskis Worten wichtige Kohlenstoffspeicher. „Auf circa drei Prozent der Landoberfläche speichern Moore rund 30 Prozent des in Böden gespeicherten Kohlenstoffs“, so Prof. G. Jurasinski. Im Umkehrschluss heißt das, dass eine Moorentwässerung meist zu irreversiblen Veränderungen in allen Kompartimenten des Ökosystems führt – angefangen bei der Fauna bis zur Hydro- und Atmosphäre. Um die langfristigen Moorveränderungen abzubilden, werden alte Karten und Luftbilder kombiniert und ausgewertet. Als Beispiel nennt Prof. G. Jurasinski das Projekt „WETSCAPES“, verbunden mit der Herausforderung, dass die verwendeten Altkarten Mecklenburgs als auch Vorpommerns unterschiedlich sind. Ein Thema, das seiner Meinung nach Forscher bei vergleichbaren Arbeiten ähnliche Herausforderungen bereithalte. Demgegenüber erlaube die Fernerkundung seiner Meinung nach eine deutlich detaillierte Betrachtung der Veränderungen.

Moorforschung, Machine Learning und dem Wirtschaftsgut Geodaten

Dies erklärt Prof. G. Jurasinski unter anderem mit den Parametern der Flächenhaftigkeit, des Multitemporalen als auch der Automatisierbarkeit im Rahmen der Betrachtungen. Grundsätzlich fällt sein Urteil in der Kombination von GIS und der Fernerkundung positiv aus, wenn er sagt, dass beide Top-Werkzeuge in der Moorforschung seien. Dies begründet Prof. G. Jurasinski beispielsweise mit wiederholten Drohnenbefliegungen in Kombination mit Ground Truthing sowie Satellitenauswertungen in der Forschungspraxis.

Die Moorforschung stand ebenfalls in einem Vortrag von Dr. Alexander Gerner (Technische Universität – TUM) im Zentrum der Betrachtungen. Seine Ausführungen zur: „Prozessierung von Geofaktoren und Machine Learning für eine bayernweite Karte der Moorwasserstände“ zeigen, dass viele Beispiele das A und O in der Forschung sind. „Lernen heißt, dass man messbar besser wird, je mehr Beispiele zur Verfügung gestellt werden“, bringt es Dr. A. Gerner auf den Punkt.

Übertragen auf die Prozesskette bedeutet das von Beispielen zum Machine Learning zum validen Modell zu gelangen. In diesem Kontext muss klar sein: „Machine Learning ist eine Funktion, in die Beispiele eingegeben werden und die dann Modelle ausgibt“, so der TUM-Wissenschaftler. Als Testfeld für die Anwendung des maschinellen Lernens bezog sich Dr. A. Gerner auf das Verbundprojekt „KliMoBay“ (Klimaschutz- und Anpassungspotenziale in Mooren Bayerns). Erste Ergebnisse seien seiner Meinung nach positiv in Bezug auf die Gütekriterien des Modells. Jedoch benötige die Forschung eine bessere Datengrundlage, um zu besseren Modellen zu gelangen. Als ein Resümee für die weitere Forschungsarbeit sieht Dr. A. Gerner die Akquise weiterer bereits vorhandener Wasserstandsmessungen sowie ergänzende Wasserstandsmessungen in naturnahen Mooren.

Über das regionale Wasser-Daten-Management und die Vision eines vernetzten Data Lakes sprach abschließend Karl-Heinz Spies vom Wupperverband. Die Aufgabenschwerpunkte des Verbands sind vielfältig und reichen von der Abwasserreinigung über die Gewässerentwicklung bis zum Hochwasserschutz und der Rohwasserbereitstellung. In diesem Kontext spricht K.-H. Spies vom „Wirtschaftsgut Geodaten“ und meint die unterschiedlichen Daten, die damit abgebildet und zur Verfügung gestellt werden. Hierzu zählen neben den Überschwemmungsgebieten das Gewässernetz, aber auch Höhenmodelle, Liegenschaften und Kanalsysteme.

Im Zuge des Hochwassers im Sommer 2021 geht es den Verantwortlichen auch um neue Datenquellen. „Sensordaten sind auch Geodaten“, so K.-H. Spies und ergänzt, dass es um Pegeldaten und Sensoren Dritter gehe sowie um deren Vernetzung im Kontext von Smart City. Mit Blick auf das regionale Wasser-Daten-Management beschreibt der Wassermanager den sogenannten Data Lake als eine Art Schnittstelle. Die befindet sich zwischen dem Daten-Input (unter anderem durch Fernerkundung, GIS, BIM und Talsperren) und dem Output – beispielsweise zur Kontrolle und Visualisierung der Daten. Wichtig im Rahmen der Vision Data Lake sind die Datenhoheit, die beim Wupperverband liegt, aber auch Punkte der Interpretations- und Deutungshoheit sowie eine Datendurchgängigkeit. Sämtliche Daten fließen in einem Datenbankcluster ein, gerade mit dem Ziel eines bereichsübergreifenden Mess- und Betriebsdatenmanagementsystems. Für K.-H. Spies bedeutet das „ein Zusammenführen der Daten in ein einheitliches Datenmanagementsystem“. Um die Vision des Data Lake Wirklichkeit werden zu lassen, brauche es nach den Worten von K.-H. Spies eine Interoperabilität von Daten, Systemen, Fachbereichen und Organisationen. Gleichzeitig sind neue Formen in der Zusammenarbeit unerlässlich.

Intermodulare Mobilitätsangebote und der Nachwuchsförderpreis

Dass auch im Mobilitätsumfeld ohne neue Formen der Zusammenarbeit kein Fortschritt erkennbar wird, das zeigte sich im Praxisforum Mobilität. Sei es beim Erfassen, Verwalten und dem Qualitätsmanagement von Geodaten für die Radverkehrsplanung, wie Ralf Behrens von der IP Syscon am Beispiel eines Landratsamts verdeutlichte. Oder mittels der Planung intermodaler Mobilitätsangebote, basierend auf 3D-Stadtmodellen, vorgetragen von Roland Ruhdorfer, Virtual City Systems. Nicht zu vergessen die Ausführungen zu den Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Nutzung von Geodaten in der Verkehrssimulation von Sasan Amini (TUM).

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