Erinnern Sie sich noch an die Experimente im Physikunterricht? In einem wurde die Schwerebeschleunigung auf der Erde „g“ mit Hilfe eines Pendels bestimmt. Das Ergebnis: 9,81 m/s² (Meter pro Sekunde zum Quadrat). Aber dieser Wert ist nicht konstant. Wussten Sie zum Beispiel, dass dieselbe Waage bei einer Person von 100 Kilogramm auf Sylt rund 80 Gramm mehr anzeigt als in München?
Neuer WMS Schwere offiziell gestartet
Das liegt zum einen daran, dass „g“ wegen der Erdabplattung vom Äquator (9,78 m/s²) zu den Polen hin (9,83 m/s²) zunimmt. „9,81“ ist also nur ein Mittelwert für unsere mittlere geographische Breite. Und dann wirken sich auch noch Höhe, Geländeform und unterschiedliche Dichten im Erdinneren aus. Diese bewirken auch auf kurzen Abständen zusätzliche Variationen der Erdschwerebeschleunigung an der Erdoberfläche, im Gebirge in der Größenordnung von mehreren Promille.
Wichtige Informationen
Der exakte Schwerewert lässt sich mit speziellen Messgeräten (Gravimetern) auf ein Millionstel oder sogar noch genauer bestimmen. Diese Informationen sind wichtig für verschiedene wissenschaftliche und technische Anwendungen, zum Beispiel Bodenuntersuchungen, Kalibrierung von Präzisionswaagen in Laboren, aber natürlich auch die Verarbeitung von Daten der Landesvermessung.
Das BKG hat daher einen Web Maps Service (WMS)-Dienst mit einer deutschlandweit einheitlichen Darstellung für verschiedene Informationen über das Schwerefeld in Deutschland entwickelt. Zurzeit umfasst dies unter anderem die Höhenbezugsfläche für Deutschland (AdV-Quasigeoid „German Combined Quasigeoid“, Modellversion GCG2016 mit Aktualisierung 2023 im Bereich der Ostsee) sowie „Freiluftanomalien“ und „Bougueranomalien“. Anomalien spiegeln die Abweichungen der tatsächlich gemessenen Schwerewerte von vereinfachten Modellannahmen wider. Diese Darstellungen können je nach Layer zur Veranschaulichung und Interpretation der topographischen und geologischen Schwerefeldstrukturen oder zur Planung weiterer Schweremessungen herangezogen werden. Zur Veranschaulichung im Alltag (siehe das Waage-Beispiel) ist auch ein Layer für die Abweichung des tatsächlichen Schwerewerts an der Erdoberfläche vom konstanten Referenzwert enthalten.
Über WMS-Schnittstelle abrufbar
Bis auf wenige Ausnahmen ist für jeden Layer eine Darstellung mit Farbskala (Colormap), als Isolinien (Contour) sowie als Schummerung verfügbar. Die Isolinienabstände sind für jeden Layer individuell und maßstabsabhängig definiert. Die zugrundeliegenden Geodatensätze wurden in UTM32-Projektion (EPSG:25832) mit 100 Meter Auflösung erzeugt, sind aber über die WMS-Schnittstelle auch in weiteren gängigen Projektionen abrufbar. Über die Funktion „Getfeatureinfo“ in gängiger GIS-Software können aus den farbcodierten Layern auch numerische Werte für einzelne Pixel abgerufen werden.
Die Informationen wurden auf Basis der am BKG vorliegenden Datengrundlage der Höhenbezugsfläche Deutschlands (GCG2016) abgeleitet. Dabei handelt es sich um eine Kombination verschiedener amtlicher Geodaten (Schweremessungen, Geländemodelle) von BKG, der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen in Deutschland (AdV) und Nachbarländern sowie weiterer nicht-amtlicher Stellen (zum Beispiel Erdöl- und Erdgasindustrie, Universitäten und Forschungseinrichtungen, internationale wissenschaftliche Dienste).
Übrigens, wer einen Punkt in Deutschland sucht, an dem die Erdbeschleunigung exakt 9,81000 m/s² beträgt, der sollte zum Beispiel eine Reise zum Gipfel des Brockens machen.
Weitere Informationen unter https://www.bkg.bund.de/