So will es laut der Pariser Verwaltung die Mehrheit der Einwohner, die für höhere Parkgebühren votierten. Laut den Verantwortlichen der Stadt Paris gaben „78121 Pariser Bürger (…) ihre Stimme ab und 54,55 Prozent stimmten für die Einführung eines speziellen Tarifs“. Die Pariser Verwaltung merkt in diesem Zusammenhang an: „In den letzten zehn Jahren ist die Bedeutung des Privatautos in Paris aufgrund einer proaktiven Politik der Stadtverwaltung zurückgegangen. Gleichzeitig sind die durchschnittliche Größe und das Gewicht der Fahrzeuge aufgrund der exponentiellen Entwicklung von SUVs ständig gestiegen.“ Und diese machen laut den Behörden mittlerweile 40 Prozent der Verkäufe aus. Daraus entstehen „zahlreiche Probleme hinsichtlich der Umweltverschmutzung, der Sicherheit und der gerechten Aufteilung des öffentlichen Raums (…)“.
Höhere Tarife und der Krieg gegen SUV
Konkret bedeutet die Abstimmung nach Aussagen der Tagesschau: „Den Sondertarif für SUV sollen ausschließlich Besucher bezahlen, Anwohner ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht.“ In Zahlen heißt das: Eine Stunde Parken im Pariser Zentrum kostet ab dem 1. September 18 Euro statt bisher 6 Euro und in den Außenbezirken 12 Euro, wo bis dato 4 Euro zu zahlen sind.
Die alten und zukünftigen Tarife für SUV-Parken in der französischen Hauptstadt. Bild: Ville de Paris
Dass das Vorhaben nur eine knappe Mehrheit fand, ist das eine, schließlich stimmten 45,45 Prozent der Pariser gegen die höheren Parkgebühren. Eine Ablehnung, die im Vorfeld vom französischen Automobilclub „40 Millions d'Automobilistes“ mit einer Petition unterstützt wurde. Der Automobilclub spricht von einem „Krieg“ gegen SUV – obwohl es der beliebteste Fahrzeugtyp der Franzosen ist. „Im ersten Halbjahr 2023 entfielen 46 Prozent der Verkäufe auf SUVs, eine Zahl, die stetig steigt. Die Franzosen (insbesondere Familien und ältere Menschen) bevorzugen SUVs, weil sie sicher, praktisch und komfortabel sind“, so 40 Millions d'Automobilistes auf seinen Seiten. Das andere ist die Unterscheidung zwischen Parisern und auswärtigen Fahrern sowie der Tatsache, dass diese Maßnahme nur einen Bruchteil des Mobilitätsproblems in den Städten ins Auge fasst. Schließlich muss es um ein Gesamtkonzept gehen, das alle Mobilitätsbereiche beinhaltet und bessere Alternativen für den Individualverkehr mit dem Auto statt reiner Verbote bereithält. Doch genau diese zukunftsgerichteten Mobilitätsalternativen haben die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern in den letzten Jahrzehnten zu oft vernachlässigt. Stattdessen wurden zahllose Parkraum-Apps mit Unterstützung der freien Wirtschaft entwickelt sowie weitere Lösungen kreiert, auch aus dem Geo-IT-Umfeld, um das Autofahren und Parken in unseren Städten möglichst bequem zu machen. Und das trotz der immensen Lärm- und Umweltbelastungen, die durch den Pkw-Verkehr in Gänze entstehen. Denn so kann die Mobilitätswende nicht gelingen. Ein Umstand, den auch die letzten Bundesverkehrsminister zu verantworten haben. Nicht zu vergessen Volker Wissing (FDP), aktueller Bundesverkehrsminister, der die Autotradition mit etwas Camouflage mittels „E“ und „Wasserstoff“ weiterführt. „Wasserstoff ist eine wichtige Ergänzung zur batterieelektrischen Mobilität, gerade wenn es um schwere Lasten und große Reichweiten geht“, so V. Wissing auf den hauseigenen Internetseiten. Wen wundert es, wenn die Süddeutsche Zeitung (Artikel mit Bezahlschranke, Anm. d. Red.) zu folgendem Urteil kommt: „Das Auto steht nach wie vor im Zentrum der deutschen Verkehrspolitik – dank milliardenschwerer Subventionen.“
Von der Pariser Avantgarde zum hiesigen Nachdenken über eine angemessene Bepreisung
Zurück nach Paris. Die dortigen Verantwortlichen feiern die Abstimmung indes als Erfolg. Die Tagesschau zitiert die Pariser Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, mit den Worten: „Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen“ (…). Und weiter: „Sie wollen diesen schweren Autos in den Straßen den Platz nehmen, aus Umweltgründen und wegen der Sicherheit.“ Ein Modell, über das auch hierzulande laut nachgedacht wird. Beispielsweise denkt Hannovers Oberbürgermeister, Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen), laut über höhere SUV-Parkgebühren nach. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) zitiert B. Onay mit den Worten: „Der Volksentscheid (in Paris, Anm. d. Red.) zeigt einmal mehr, dass die Debatte um den knappen öffentlichen Raum und eine angemessenere Bepreisung fürs Parken geführt werden muss.“ Dass sich B. Onay bei diesem Vorhaben schon jetzt auf Gegenwind einstellt, das verdeutlicht die NDR-Aussage: „Es sei richtig, dass man die in Paris geplanten Maßnahmen nicht eins zu eins übernehmen könne, sagte Onay in einem Interview mit dem NDR. Man habe deshalb ein Verkehrsplanungsbüro gebeten, Vorschläge zu einer gesetzeskonformen Klassifizierung von Fahrzeugen zu machen. Wie eine konkrete Bepreisung aussehen könne, wolle man sich rechtssicher aufzeigen lassen. Es gehe dabei ausdrücklich auch um die Preise für das Anwohnerparken.“ Dabei ist der emotionale Radau um das Für und Wider des Autos in den „sozialen“ Medien und Kommentaren schon jetzt im Gange. Beispiele aus der Frankfurter Rundschau: „Schluss mit den Blechmilben“ versus: „Die wirtschaftliche Überlebensgrundlage vieler Menschen wird gerade von den Autohassern zerstört.“ Das Ganze ist wenig zielführend, zeigt aber die politischen und ideologischen Grabenkämpfe um das Auto. Bleibt nur die Hoffnung auf mehr Einsicht – von allen Seiten. Denn der teure Platzverweis für das SUV-Parken ist nur ein Bruchteil des Mobilitätsproblems.
Bleiben Sie informiert. Das Thema der Mobilitätswende werden wir redaktionell regelmäßig beleuchten – sei es im Rahmen der gis.Business, online auf gis.Point oder in unserem Podcast gis.Radio.