Meinungen

Vom Wohnen und der Luxusdiskussion

Wohnraum finden und bezahlen können, ist in unseren Tagen nicht einfach. Steigende Mietpreise, ein schleppender Neubau sowie zu wenig Bauen im Bestand machen die Suche für immer mehr Menschen nicht einfacher. An dieser Tatsache kann auch die Geo-IT-Welt wenig ändern und so ist beispielsweise die Frage nach einer stärkeren Verzahnung der BIM- und GIS-Welt eher eine Luxusdiskussion.

Achtung Ironie: Auch eine Idee für Wohnungssuchende, der Einzug ins örtliche Kiosk. Bild: Andreas Eicher

Das Leben in unseren Städten ist teuer und wird zunehmend teurer. Vor allem die Mietpreise gehen seit Jahren durch die Decke. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) mussten im Jahr 2022 die rund 19,9 Millionen Hauptmieterhaushalt hierzulande „durchschnittlich 27,8 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgegeben“. Bezeichnend nach Destatis-Angaben: „Haushalte in Städten mit mehr als 100000 Einwohnerinnen und Einwohnern hatten nach eigenen Angaben im 1. Halbjahr 2022 eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 8,30 Euro pro Quadratmeter. Das waren 30 Prozent mehr als in Kleinstädten und ländlichen Gemeinden, wo die durchschnittliche Nettokaltmiete bei 6,40 Euro lag.“ Für viele Menschen wird das Leben in unseren Städten unbezahlbar. Der Bayerische Rundfunk titelte Ende Mai 2023: „Wenn Wohnen unbezahlbar wird: Was gegen Wohnungsnot hilft.“ Weiter heißt es: „Das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr hat die Bundesregierung für das vergangene Jahr nicht erreicht. Dabei gibt es unterschiedliche Hebel, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen: von Vergesellschaftung bis hin zu kommunalem Wohnungsbau.“ Leider denken viele bei der Vokabel Vergesellschaftung direkt an planwirtschaftliche Verhältnisse eines sozialistischen Einheitsstaats. Ganz zu schweigen vom kommunalen Wohnungsbau. Der liegt brach und scheint sich aufgrund massiv steigender Baupreise aktuell auch nicht wirklich zu erholen.

Ganz im Gegenteil. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) formuliert es in einem jüngst veröffentlichten Artikel wie folgt: „Wer in Deutschland sozialen Wohnraum baut, muss diesen nicht dauerhaft erhalten: Ist der Neubau ausfinanziert, können Investoren problemlos luxussanieren – während Sozialwohnungen in Deutschland immer knapper werden.“ Für die Befürworter einer neoliberalen Welt dürfte dieses Argument indes wenig zählen. Denn wer finanziert und bezahlt, der bestimmt. Der Staat trug und trägt dieses System seit Jahrzehnten mit und hat sich längst dem Spiel der freien (Finanz-)Kräfte untergeordnet.

Zur Erinnerung: „Die rot-grüne Bundesregierung leitete im Bereich Wohnen Ende der 1990er-/Anfang der 2000er-Jahre einige Reformen ein. Der soziale Wohnungsbau wurde 2001 durch die soziale Wohnraumförderung ersetzt und sukzessive zurückgefahren.“ So schreibt es die Bundeszentrale für politische Bildung in einem Beitrag mit dem Titel: „Wohnen“ vom März 2020.

Bedauerlicherweise kann auch die Geo-IT-Branche diesen Missstand nicht lösen. Denn ihre Aufgabe liegt in der Unterstützung von Bauvorhaben – von der Planung, dem eigentlichen Bau bis zum Betrieb und der späteren Weiterverwertung. Ob das beispielsweise mit dem Building Information Modeling (BIM) zu lösen ist, erscheint aktuell zumindest zweifelhaft. Für viele Planer, Architekten und Städte ist das mehr Zukunftsmusik, spielt sich doch die Realität von Bauvorhaben meist auf einem anderen Level ab. Und den bestimmt der Kostendruck und Fachkräftemangel. Nun ist das Thema BIM wiederholt ein Leitthema im Rahmen der kommenden Intergeo im Oktober 2023 in Berlin. Die Intergeo-Macher sprechen in diesem Zusammenhang von „Innovationen und Lösungen, mit denen Unternehmen der digitalen Wertschöpfungskette Bau – in Neubau und Bestand, für Infrastruktur und Smart Cities – ihre Wettbewerbsfähigkeit gerade in Krisenzeiten stärken können“. Was das konkret heißt, das muss die Intergeo mit ihren Themen unter Beweis stellen. Fakt ist nach aktuellem Stand der Dinge, dass zu wenig beim Bauen vorangeht – weder beim bezahlbaren Neubau noch im Bestandsbau. Und das zum Leidwesen der Menschen, die bezahlbaren Wohnraum suchen. Der ist rar und so bleibt vielen nur der Wegzug oder Überlegungen nach Wohnalternativen. Von Menschen initiierte Genossenschaften machen es beispielsweise vor, wie bezahlbares Wohnen funktionieren kann. Und das ist keine Frage, wie eine zunehmende Verzahnung der BIM- und GIS-Welt funktionieren kann. Eine Luxusdiskussion mit Blick auf die wirklichen Bau- und damit Wohnprobleme in diesem Land.

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