Mehr Grün für ein besseres Klima

Andreas Eicher

Das Wirtschaftsmagazin Brand eins [1] schrieb vor einiger Zeit: „Städte bedecken nur zwei Prozent der weltweiten Landfläche, sind aber für mehr als 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Zugleich sind sie stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen.“ Folgen, für die der Mensch verantwortlich ist, mit einer zunehmenden Versiegelung von Flächen und Bausünden – wenig ressourcenschonend sowie nicht in die Zukunft gedacht, nachhaltig geplant und umgesetzt. Zeit zum Umdenken, auch mithilfe einer verstärkten Gebäudebegrünung. Anders formuliert: mehr Grün für ein besseres Klima.

Dachbegrünung als ein Weg für eine nachhaltige Klimapolitik. Bild: stock.adobe.com (Comofoto)

„Auf den Bausektor der EU entfällt ein Drittel des gesamten jährlichen Abfallaufkommens.“ So schreibt es das „Haus der Europäischen Geschichte“ in Brüssel in seiner aktuellen Ausstellung „Ausgedient“ zur „Geschichte der modernen Wegwerfgesellschaft“. Weiter heißt es: „Mit dem Projekt ‚Ausgedient‘ wird die verborgene Geschichte des Mülls in Europa ans Licht geholt und gleichzeitig seine Bedeutung als Indikator für den sozialen Wandel hervorgehoben.“ Inhaltlich geht es in der Sonderausstellung um das Leben mit und ohne Müll und darum, die Bedeutung von nachhaltigen Konzepten und einer Kreislaufwirtschaft zu unterstreichen. Ein Thema, das nach Ansicht der Ausstellungsmacher nicht überall in Europa gleichermaßen in die Praxis umgesetzt wird. So zeigt eine Schautafel den Flickenteppich Europas in Sachen Abfallvermeidung und einer nachhaltigen Politik. Und wie so oft werden die unterschiedlichen Stände und Interessen auch in diesem Umfeld mit einem Blick schnell deutlich. Während beispielsweise Frankreich, Schweden und Spanien grün hervorgehoben sind – was einer korrekten Umsetzung der Maßnahmen entspricht – sind Bulgarien oder Polen rot gekennzeichnet. Das heißt: keine oder eine ungültige Umsetzung der EU-Maßnahmen. Und Deutschland? Wie so oft nicht Fisch, nicht Fleisch, jein-sagend, irgendwo dazwischen, mit einer „Umsetzung im Gange oder unvollständig“. Damit werden die ungleichen Konturen Europas unterstrichen – die beim Thema Geld anfangen und beim Klimaschutz noch nicht aufhören.

Vom Protz und den Betonwüsten

Letzterer ist vonnöten, wird aber in vielen Staaten mit zu wenig Nachdruck verfolgt – leider auch in Deutschland. Und so ist der Ausspruch vom fünf vor zwölf vieler Politiker nur eine Plattitüde, hinter der sich gut verstecken lässt. Denn sämtliche Parteien haben es in den letzten Jahrzehnten versäumt, dem Klimawandel mit seinen negativen Folgen entschieden entgegenzutreten. Was bleibt, ist den Status quo zu sichern, der allerdings auch nicht erstrebenswert scheint, mit zunehmenden Extremwetter-Perioden. Bestes Beispiel ist die Hitze in unseren Städten. Ein Gang durch Frankfurt am Main, München oder Stuttgart zeigt, dass viele Stadtplaner und Architekten noch immer Protz umsetzen, statt auf nachhaltigere Baulösungen im Bestand oder beim Neubau zu setzen. Betonwüsten und Plätze mit wenig bis keinem Grün. Dabei wäre gerade mehr Gebäudebegrünung wichtig, um das Klima in unseren Städten zu verbessern.

Doch unterschiedliche Bauvorschriften, Richtlinien, Interessen und die Gewinnmaximierung von Immobilienkonzernen lassen viele gute Ideen zu einem qualitativen mehr an Grün in unseren Städten noch zu oft scheitern. Und die, die es regeln könnten, machen eine mehr als unglückliche Figur. Namentlich das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) mit ihrer Ministerin Klara Geywitz (SPD) wäre eigentlich der Ort für mehr Entscheidungen im Sinne der Stadtbegrünung. Eigentlich, ist das Bundesministerium mit K. Geywitz an der Spitze aber nicht zwingend.

Bestes Beispiel ist die BMWSB-Publikation „Städtebauförderung“, einleitend mit einer Selbstbeweihräucherung: „Die Städtebauförderung gehört seit 1971 zum Kernbereich der Stadtentwicklungspolitik des Bundes. Gemeinsam mit den Ländern unterstützt er die Städte und Gemeinden seit nunmehr über 50 Jahren dabei, städtebauliche Missstände zu beseitigen und sie damit nachhaltig als Wirtschafts- und Wohnstandorte zu stärken.“ Die Resultate der letzten Jahrzehnte lassen sich im negativen Sinne mehr als deutlich in vielen Städten ablesen, mit versiegelten Flächen, Plätzen ohne Bäume und mehr als fragwürdigen Bauprojekten. Dabei können vor allem Vertikal- und Dachbegrünungen nützliche Dienste für ein erträgliches Stadtklima leisten.

Förderprogramme zur Gebäudebegrünung

Damit allerdings eine Vertikal- oder Dachbegrünung zum Erfolg wächst, sind viele Faktoren entscheidend. Einer davon sind die Fördermittel. Der Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) schreibt hierzu: „Neben einzelnen Kommunen bieten regionale Zusammenschlüsse und manche Bundesländer eine direkte Förderung von Gebäudebegrünung an. Auch die Programme der Städtebauförderung ermöglichen eine Bezuschussung von Dach- und Fassadenbegrünung als Teil der grünen Infrastruktur.“ Zudem bestehen nach BuGG-Informationen „ressortspezifische Bundesförderprogramme, bei denen Gebäudegrün als förderfähige Maßnahme integriert ist“. Die Komplexität möglicher Förderprogramme umschreibt der GebäudeGrün-Verein wie folgt: „Die verschiedenen Förderprogramme unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihres Fördermittelgebers, sondern auch mit Blick auf die Förderziele, die Förderberechtigten, die Förderart und die Förderhöhen.“ Hinzu kommen kommunale Förderprogramme, deren Fokus „auf der finanziellen Unterstützung von Privatpersonen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU)“ liegen.

Emily Jäger vom Team Biodiversität des Naturschutzbundes Deutschland e. V. (NABU) gibt mit Blick auf die Dachbegrünung ein Beispiel: „Eine Umfrage aus dem Zeitraum 2003/2004, bei der der NABU beteiligt war, hat gezeigt, dass immerhin 18 Prozent der deutschen Städte in Deutschland mit mehr als 10.000 Einwohnern Dachbegrünung direkt förderten.“ Nach Ansicht von Maximilian Daus, Gartenbauingenieur/Gärtnerische Ausstellungen, Bundesgartenschau (BUGA) 23, seien wir hinsichtlich der Fördermöglichkeiten bei der Gebäudebegrünung auf einem guten Weg. M. Daus: „Das Thema der Fördermöglichkeiten ist zwar längst nicht so weit, wie beispielsweise in den Niederlanden oder Frankreich, aber die politisch Verantwortlichen wachen auch hierzulande langsam auf.“ E. Jäger wünscht sich eine bundesweite langfristige Förderung von Gebäudebegrünung. „Solar-Gründächer und Biodiversitätsgründächer sollten besonders gefördert und die Anpassung der Statik im Bestand und die Wartung und Instandhaltung sollten zusätzlich gefördert werden“, erklärt E. Jäger. Dabei müsse ihrer Ansicht nach der Nutzen von grünen Dächern und Fassaden für die heimische Biodiversität stärker in den Fokus gerückt werden.


Hören Sie einen ausführlichen Podcast zum Thema der Gebäudebegrünung mit Maximilian Daus, Gartenbauingenieur/Gärtnerische Ausstellungen, Bundesgartenschau (BUGA) 23, auf gis.Radio.


Klima, Energiebilanz und Kühlwirkung

Dass das Thema der Gebäudebegrünung boomt, das unterstreicht die BUGA 23 in Mannheim. Vor Ort können sich Besucher im eigens eingerichteten Vertikalgartenbereich über die Möglichkeiten der Fassadenbegrünung informieren. Die BUGA-Verantwortlichen zitieren hinsichtlich der Fassadenbegrünung Agnes Schönfelder, Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Mannheim: „Begrünte Fassaden sehen gut aus, aber sie können noch viel mehr: Sie verbessern zum Beispiel das Klima und die Energiebilanz von Städten.“ Und weiter: „Das Grün leistet einen wichtigen Beitrag zur Abkühlung während heißer Sommertage, dient der Luftreinheit, reduziert Lärm und bieten Lebensraum für Vögel und Insekten.“

Vorteile, von denen auch E. Jäger vom NABU spricht. „Gründächer und grüne Fassaden heizen sich im Sommer weniger stark auf und sind damit deutlich kühler als Kies- oder Bitumendächer, die eine Temperatur von über 70 Grad erreichen können.“ Zudem würden ihrer Meinung nach Temperaturschwankungen abgemildert. Nicht zu vergessen: „Durch Beschattung und Verdunstung kommt es zu einer zusätzlichen Kühlwirkung. Dies verbessert das Klima im Gebäude und kann den städtischen Wärmeinseleffekt verringern“, so E. Jäger. Liebe Politik: Hört endlich mehr auf die zahlreichen Expertenmeinungen wie beispielsweise der des NABU und lasst vor allem zukunftsweisende Taten folgen – jetzt und im Sinne einer nachhaltigen Klimapolitik.

Quelle:

[1] Babel-Sutter, G.: Thesen zur Zukunft der Stadt. In: Brand eins 25 (2023) H. 7, S. 30-31