Intelligente Netze: smart, smarter, Risiken

Andreas Eicher

Gerade hat der TÜV Rheinland einen Forschungsauftrag zum Smart-Grid-Ausbau in Europa erhalten. „Energise“ (ICT-based „ENERgy Grid Implementation – Smart and Efficient), so der Name des auf 27 Monate ausgelegten Studienprojekts, das mit einer Investitionssumme von rund einer Million Euro von der Europäischen Union ausgestattet ist.

Intelligente Netze sind vermehrt das Ziel von Hackern; Quelle: © Denys Rudyi - Fotolia.com

Intelligente Netze sind vermehrt das Ziel von Hackern; Quelle: © Denys Rudyi - Fotolia.com

„Energise“ als Startschuss

Die Studie soll nach Lesart des TÜV Rheinland eine Art „Crowd Sourcing auf EU-Ebene“ werden. Dahinter steckt das Vorhaben, in den kommenden Monaten mit wichtigen Stakeholdern der Länder einen „Erfahrungsaustausch zum Ausbau der ICT-gestützten Infrastruktur für Smart Grids anstoßen“. Hierzu gehören Ministerien der EU-Staaten, Regulierungsbehörden für Energie und Telekommunikation, die nationalen Netzagenturen sowie die großen Versorger der EU-Mitgliedsstaaten. Im Grunde sind „interdisziplinäre Ansätze“ zu begrüßen. Doch an dieser Stelle klingt das Ganze nach viel Arbeit und noch mehr Bürokratie auf dem Weg in Richtung eines soliden Infrastrukturausbaus. Und vor allem nach Lobbyarbeit im Dunstkreis der Energieversorger. Von daher ist zumindest eine gewisse Grundskepsis an dieser Stelle angebracht. Geht es am Ende doch um mehr als die knappe Million Euro Forschungsgeld. So spricht der TÜV Rheinland in seiner Verlautbarung davon, dass „Energise“ Teil des wohl größten Forschungsprogramms sei, das Brüssel bislang in Auftrag gegeben habe. In Zahlen heißt das: „Bis 2020 stehen für „Horizon“ (Anmerkung der Redaktion: Research und Innovationsprogramm der EU – angelegt auf sieben Jahre bis 2020) fast 80 Mrd. Euro zur Verfügung, mit der die Europäische Gemeinschaft die Entwicklung zur „Innovations-Union“ vorantreiben und die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas insbesondere im Bereich Forschung und Innovation sichern will.“ Gleichrangige Ziele sind die Förderung des allgemeinen Wirtschaftswachstums und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Klartext heißt das: Mit Smart Grid lässt sich mittel- bis langfristig Geld verdienen und das Wachstum ankurbeln.

Datenschutz …

Spannend wird das Thema Smart Grid auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes. In diesem Zuge fordern nationale Stellen (Datenschutzbeauftragte der Länder) oder supranationale Organisationen, wie beispielsweise die EU, hohe Hürden beim Thema Datenschutz und „Intelligenter Netztechnologien“. Ein Beispiel ist der Bericht des EU-Parlaments aus dem vergangenen Jahr zum Thema Datenschutz und Smart Grid. Inhaltlich sollen nach dem Willen der EU-Politiker Anwender intelligenter Stromzähler die Kontrolle über die jeweiligen Messdaten behalten. Gefordert seien Standards, die einen Informationstransfer an Dritte unterbinden. Die Realität dürfte indes anders aussehen.

… versus Informationsgewinnung

Das Datensammeln gehört seit Jahren zum Geschäftsmodell vieler Unternehmen. Google, Facebook & Co. zeigen, wie es geht, und haben das wahre Gold unserer Zeit erkannt: Informationen. Algorithmen und Rechenverfahren versus Privatsphäre und Individualität.

Fakt ist, der schleichende Prozess einer „smarten Gesellschaft“ ist nicht zu stoppen. Im Gegenteil greift eine umfassende Digitalisierung stärker in alle Bereiche des beruflichen Lebens ein, durchdringt unser Kommunikationsverhalten, kriecht durch Leitungen und Internetverbindungen in unsere Privatsphäre.

Am Ende geht es um den gläsernen Kunden, sein Kauf- und Lebensverhalten und vor allem darum, individuelle Profile und Muster zu erstellen. Und von diesen Daten und Fakten profitieren in erster Linie Unternehmen.

Weitere Risiken – ein Abriss

  • Kostenexplosion: Der Ausbau der „intelligenten Stromtrassen“ ist mit enormen Investitionssummen verbunden.
  • Sicherheitsgefahren drohen Unternehmen und Privathaushalte im Umgang mit „smarten Systemen“.
  • Sensible Infrastrukturbereiche sind eine „leichte“ Zielscheibe für Hacker und Saboteure.
  • Neuralgische Punkte einer eng vernetzen und durchgängig digitalisierten Industrie bedeuten Schwachstellen im System.

 

Nicht umsonst stellt das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer Veröffentlichung zum „Wirtschaftsschutz“ fest: „Im Vordergrund des Ausforschungsinteresses stehen vornehmlich technologieorientierte und innovative deutsche Unternehmen“. Hierzu zählen nach Verfassungsschützern Unternehmen aus dem Energie- und Umweltbereich.


Smart Grid: intelligente Netze als Schlüsselkomponente

Per Definition der Bundesregierung steht hinter Smart Grid „die Weiterentwicklung der Netze zu intelligenten Netzen“. Bei einem „intelligenten Netz“ oder „Smart Grid“ werden Stromerzeuger, -verbraucher und Netzbetriebsmittel intelligent miteinander verknüpft. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) steuern das Gesamtsystem optimal.“ Nach Aussage der Europäischen Kommission (Joint Research Centre, Institute for Energy and Transport) ist Smart Grid eine Schlüsselkomponente für die europäische Energiestrategie.


Einen ausführlichen Hintergrundbeitrag zum Thema „Smart Grid“ finden Interessenten in Ausgabe 1/2015 der gis.Business

Mehr Informationen:
» Smart Grid „die Weiterentwicklung der Netze zu intelligenten Netzen“