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Neubauten via Satelliten erfassen

Wie sich auf Basis von freien Satellitenbildern Neubauten flächendeckend visualisieren lassen, zeigt eine Forschungsgruppe an der Hochschule München.

Den Baufortschritt von Neubauten via Satellitendaten aus dem All verfolgen: Dies realisierte eine Forschungsgruppe rund um HM-Professor Andreas Schmitt für ein Testgebiet im niederbayerischen Dingolfing. Bild: Daniela Hansjakob

Deutschlandweit sprießen die Neubauten – vorwiegend Wohnimmobilien – förmlich aus dem Boden; um bundesweit den Überblick zu bewahren, das amtliche Liegenschaftskataster aktuell zu halten und die Vermessungsämter zu entlasten, wird nach neuen Methoden zur automatisierten Erkennung des Baufortschritts gesucht, zum Beispiel per Satellit. Eine Forschungsgruppe um HM-Professor Andreas Schmitt zeigt, wie sich auf Basis von freien Satellitenbildern Neubauten flächendeckend wochengenau visualisieren lassen.

Schritthaltende Baufallerkundung von Neubauten mit Hilfe von Satelliten

Zur Entlastung der Vermessungsämter – und um stets den Überblick über alle Flurstücke und Gebäude zu behalten – hat Prof. Dr. Andreas Schmitt eine neue Methode zur Untersuchung von Bauaktivitäten erforscht: die schritthaltende Baufallerkundung mit Satellitenaufnahmen aus dem All. Unterstützt wurde er dabei von der Geoinformatikstudentin Lea Schollerer, dem Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Landau an der Isar sowie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Grundlage für die neuartige Baufallerkundung bilden Zeitreihen aus kostenfrei und öffentlich zugänglichen Bildern der Satelliten Sentinel-1 und Sentinel-2 des Europäischen Copernicus-Programms. Betrachtet wurden aktive und passive Aufnahmen im Zeitraum zwischen Anfang Oktober 2019 und Ende November 2020.

Der Sentinel-1 Satellit trägt einen Radarsensor, wodurch er wetterunabhängig Bilder liefern kann, diese jedoch eher unscharf. Die Sentinel-2 Aufnahmen wirken wie von einer Kamera fotografiert, gelingen jedoch nur bei wolkenlosem Himmel.

Auflösung schärfen, Zeitverlauf verstärken

Knackpunkt sei die räumliche Auflösung der verwendeten Satellitenbilder, erklärt Schmitt. Denn für gewöhnlich erkennt man auf den Aufnahmen erst Bauten über 20 Meter Gebäudelänge. Wohnhäuser sind in der Regel jedoch kleiner.

Mittels moderner Signalverarbeitungsmethoden sowie einer geschickten optischen und zeitlichen Kombination der unterschiedlichen Kanäle der Aufnahmen sei es jedoch gelungen, die Neubauten im wöchentlichen Rhythmus zu erfassen, ergänzt Schollerer. Entstanden ist ein spektraler Index, der die Gebäude im Bild deutlich hervorstechen lässt. Die Kombination der einzelnen Aufnahmezeitpunkte erfolgte mithilfe eines Wavelet-Ansatzes, der das Bild schärft sowie zeitliche Veränderungen verstärkt.

Abgleich mit der Realität

Als Testgebiet wurde aufgrund der hohen Bautätigkeit ein Gebiet am nordöstlichen Rand der Stadt Dingolfing in Niederbayern gewählt, in dem im Betrachtungszeitraum 38 neue Gebäude errichtet wurden. Das Untersuchungsgebiet umfasst neben einer Neubausiedlung und einer älteren Bestandssiedlung noch landwirtschaftlich genutzte Flächen. Der Abgleich mit der Realität – also mit den Ergebnissen von vor Ort gesammelten Eigentümerangaben – zeigte, dass mit dem verwendeten Berechnungs-Prototyp von 38 Neubauten 34 sicher erkannt wurden. Auch das Abbilden einzelner Bauabschnitte – etwa das Gießen der Bodenplatte oder das Errichten des Rohbaus – ist möglich.

Weitere Informationen unter https://www.hm.edu/

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