Wissenschaft & Forschung

Klimawandel: Verbesserte Hochwasser-Prognosen

Ein internationales Forschungsteam beleuchtet die Zusammenhänge von Starkregen und Hochwasser in Folge des Klimawandels und ermöglicht so genauere Prognosen.

Wissenschaftler der Universität Freiburg haben Zusammenhänge von Starkregen und Hochwasser in Folge des Klimawandels erforscht. Bild: Universität Freiburg / Sandra Meyndt

Der Klimawandel wird vor allem wegen der Zunahme intensiver Starkregenereignisse zu mehr und stärkeren Hochwassern und Fluten führen, so die Ergebnisse einer Studie. Um einschätzen zu können, wie genau sich dabei die Hochwasserrisiken und die Ausprägung von Überschwemmungen verändern, hilft es insbesondere zwei unterschiedliche Arten von solchen Extremniederschlagsereignissen – schwächere und stärkere – zu betrachten.

Hochwasser-Prognosen werden genauer

Diesen bislang wenig erforschten Aspekt hat nun eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern rund um die Freiburger Hydrologin Dr. Manuela Brunner vom Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften der Universität Freiburg und Prof. Dr. Ralf Ludwig von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) beleuchtet. Dabei stellten sie fest, dass die schwächeren und zugleich häufiger vorkommenden Extremniederschlagsereignisse (im Mittel alle rund zwei bis zehn Jahre) in Frequenz und Menge zunehmen, allerdings nicht zwangsläufig zu Überschwemmungen führen. An manchen Orten kann hierbei durch den Klimawandel das Hochwasserrisiko sogar wegen trockener werdenden Böden sinken. Ebenso nehmen die stärkeren und zugleich seltener vorkommenden Extremniederschlagsereignisse (im Mittel seltener als alle 50 Jahre – und wie im Juli 2021 in der Eifel ereignet) in Frequenz und Menge zu – dabei führen sie aber auch generell häufiger zu Überschwemmungen. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichte das Team in der Zeitschrift Communications Earth & Environment.

Mancherorts führt der Klimawandel zu geringerem Hochwasserrisiko

Bei den stärkeren und zugleich selteneren Extremniederschlagsereignissen träfen so große Niederschlagsmengen auf den Boden, dass seine aktuelle Beschaffenheit kaum noch einen Einfluss darauf habe, ob es zu einer Überschwemmung komme, erläutert Brunner. Seine Kapazität, Wasser aufzunehmen, werde relativ schnell erschöpft, ab da an fließe der Regen über die Oberfläche ab – flute also die Landschaft. Anders verhalte es sich bei den schwächeren und zugleich häufigeren Extremniederschlagsereignissen, so Brunner. Hier sei die jeweils aktuelle Bodenbeschaffenheit entscheidend. Ist der Boden trocken, kann er viel Wasser aufnehmen, und das Hochwasserrisiko ist gering. Liegt allerdings schon eine hohe Bodenfeuchte vor, kann es auch hier zu Überschwemmungen kommen. Da durch den Klimawandel viele Böden trockener werden, kann dort also das Hochwasserrisiko bei den schwächeren, häufigeren Extremniederschlagsereignissen sinken – nicht allerdings bei den seltenen, heftigen.

In Bayern nimmt Starkregen generell zu

Für das konkrete Beispiel Bayern sagen die Wissenschaftler zudem voraus, wie dort die unterschiedlichen Extremniederschlagsereignisse zahlreicher werden. Schwächere, die in den Jahren von 1961 bis 2000 im Mittel etwa alle 50 Jahre auftraten, werden demnach im Zeitraum von 2060 bis 2099 doppelt so oft vorkommen. Stärkere, die im Zeitraum von 1961 bis 2000 im Mittel etwa alle 200 Jahre eintraten, werden sich in der Zukunft bis zu viermal häufiger ereignen.

Bisherige Untersuchungen hätten belegt, dass Niederschläge aufgrund des Klimawandels zunehmen werden, die Zusammenhänge zwischen Überschwemmungsstärken und schwereren Niederschlagsereignissen sei aktuell aber noch nicht ausreichend erforscht. Da habe man angesetzt, erklärt Brunner. Mithilfe ihres einzigartigen Datensatzes liefere diese Studie einen wichtigen Baustein zu einem dringend benötigten, besseren Verständnis des sehr komplexen Zusammenhangs von Starkniederschlägen und Abflussextremen, erläutert Ludwig. Dies könne auch helfen, um Hochwasserprognosen zu verbessern.

78 Gebiete untersucht

In seiner Analyse hat das Team für die Mehrzahl der 78 untersuchten Oberwassereinzugsgebiete in der Region um Inn, Donau und Main sogenannte Häufigkeitsschwellenwerte in der Beziehung zwischen zukünftiger Niederschlagszunahme und Hochwasseranstieg identifiziert. Diese ortsspezifischen Werte beschreiben, welche extremen Niederschlagereignisse – klassifiziert anhand ihrer auftretenden Häufigkeit –– wahrscheinlich auch zu verheerenden Fluten führen, wie etwa dem im Juli in der Eifel.

Für seine Untersuchung generierte das Forschungsteam ein großes Ensemble von Daten, indem es erstmalig hydrologische Simulationen für Bayern mit einem großen Ensemble an Simulationen mit einem Klimamodell koppelte. Die Modellkette wurde für die 78 Flusseinzugsgebiete auf historische (1961-2000) und wärmere zukünftige (2060-2099) Klimabedingungen angewandt. Die Region um die Oberwassereinzugsgebiete von Inn, Donau und Main sei ein Gebiet mit ausgeprägter hydrologischer Heterogenität. Dadurch berücksichtige man in der Studie eine große Vielfalt an Hydroklimata, Bodentypen, Landnutzungen und Abflusswegen, sagt Brunner.

Neben Brunner und Ludwig arbeiteten weitere Forscher der LMU, des US-amerikanischen National Center for Atmospheric Research und der University of California Los Angeles/USA an dem Projekt mit. Gefördert wurde die Forschungsarbeit unter anderem vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Schweizerischen Nationalfonds.

Weitere Informationen unter www.hydrology.uni-freiburg.de

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