Wissenschaft & Forschung

Wie verändert Corona das Moblitätsverhalten?

Zum vierten Mal befragte das DLR Menschen deutschlandweit zu ihrem Mobilitätsverhalten während der Coronapandemie.

Die vierte DLR-Studie zu Corona und Mobilität zeigt, dass sich die Veränderung im Mobilitätsverhalten gefestigt hat und sich neue Routinen gebildet haben. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat mehr als 1.000 Personen zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Die deutschlandweite Erhebung fand Ende April und Anfang Mai 2021 statt. Zu diesem Zeitpunkt war das öffentliche Leben noch wesentlich eingeschränkt. Gleichzeitig zeichnete sich durch sinkende Fallzahlen und eine steigende Impfrate eine Entspannung der Situation ab.

Seit mehr als einem Jahr beeinflusse die Coronapandemie das gesellschaftliche Leben, sagt Prof. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. Dazu zählten auch das Mobilitätsverhalten in den Bereichen Arbeit und Alltag sowie Freizeit, Einkaufen und Reisen. Die Befragten nutzten häufiger das Auto, weniger öffentliche Verkehrsmittel. Das Anhalten der Pandemie hat zu neuen Routinen geführt. Es bedarf großer Anstrengungen, diese neuen Routinen im Interesse der Gesellschaft wieder zu ändern. Denn sonst wird die Verkehrswende hin zu einer klimafreundlichen Mobilität nicht erfolgreich sein.

Weniger Mobilität, vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Auch in der vierten Befragungsrunde schätzten die Menschen ihre Mobilität weiterhin als eingeschränkt und reduziert ein: Mehr als die Hälfte ging davon aus, weniger Wege außer Haus zu machen. Gleichzeitig schätzten 30 Prozent, dass sie auch insgesamt kürzere Distanzen zurücklegten. Im Lauf der Pandemie hätten sich die Veränderungen im Mobilitätsverhalten gefestigt und stabilisiert. Die Autonutzung sei konstant auf einem hohen Niveau. Die öffentlichen Verkehrsmittel blieben geschwächt, fasst die Projektleiterin Dr. Claudia Nobis vom DLR-Institut für Verkehrsforschung in Berlin zusammen.

Besonders der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist weiterhin stark vom Rückgang der Mobilität betroffen. Selbst 37 Prozent derjenigen, die vor der Coronapandemie den ÖPNV genutzt haben, wollen das in Zukunft weniger oder gar nicht mehr tun. 15 Prozent der ÖPNV-Abo-Kunden haben dieses inzwischen gekündigt. Dagegen hat nur ein Prozent derjenigen, die bisher kein ÖPNV-Abo hatten, ein neues abgeschlossen. Diese Entwicklung hat erhebliche Folgen für die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Der Grund für diese Abkehr vom ÖPNV: Das gemeinsame Nutzen von Verkehrsmitteln wird weiterhin von 52 Prozent als unangenehm empfunden. 53 Prozent fürchteten sich vor einer Ansteckungsgefahr. 68 Prozent stört es, dass Mitfahrende ihre Masken nicht oder nicht richtig tragen. 59 Prozent wünschen sich mehr Kontrollen, und 55 Prozent versuchen, wenn möglich den ÖPNV zu meiden.

Corona: Routine zur Autonutzung verstetigt sich

Die aktuelle Befragung zeigt, dass sich die Autonutzung auf einem Niveau hält, das deutlich höher liegt als vor der Pandemie. Dies trifft besonders auf Menschen zu, die vor der Coronapandemie mit einem Mix aus den Verkehrsmitteln Pkw, Fahrrad und ÖPNV unterwegs waren. 46 Prozent von ihnen nutzen inzwischen ausschließlich das Auto. Bereits bei der ersten Befragung im April 2020 lag diese Zahl bei 42 Prozent. Das ohnehin bei diesen Personen zum Verkehrsmittel-Mix gehörende Auto hat damit sehr schnell und anhaltend die Oberhand gewonnen. Bei den ÖPNV-Nutzern hat diese Entwicklung etwas länger gedauert. Im ersten Lockdown haben sie weitgehend den öffentlichen Verkehrsmitteln die Treue gehalten. Inzwischen hat sich jedoch auch bei dieser Gruppe zu 50 Prozent der Pkw durchgesetzt.

Die Autoindustrie hat dadurch allerdings keinen Schub erhalten. Im letzten Jahr verkaufte sie ähnlich viele PKW wie in den Jahren zuvor. Ein Großteil der Haushalte in Deutschland besitzt bereits ein Auto.

Angesichts einer insgesamt reduzierten Mobilität ist es damit vermutlich nicht zu mehr Staus gekommen. Allerdings hat sich das Geschehen auf den Straßen sehr schnell normalisiert. Währenddessen ist in den öffentlichen Verkehrsmitteln nach wie vor weniger los.

Homeoffice: Nähe von Wohn- und Arbeitsort in Zukunft weniger wichtig?

Das Arbeiten im Homeoffice gehört zu den großen durch die Coronapandemie ausgelösten Veränderungen. Der Anteil der Erwerbstätigen, die immer oder teilweise von zuhause arbeiten, hat weiter zugenommen. Zum Zeitpunkt der vierten Befragung gaben 21 Prozent an, immer von daheim zu arbeiten. 29 Prozenten befanden sich teilweise im Homeoffice. Die ausgesprochen hohe Zufriedenheit mit dem Arbeiten von zuhause ist rückläufig, scheint sich aber nicht weiter zu verringern. Im Sommer 2020 waren 75 Prozent zufrieden, im Winter 2021 und Frühjahr 2021 jeweils rund 65 Prozent. Dem entspricht der Wunsch von 55 Prozent, auch in Zukunft zumindest teilweise von zuhause arbeiten zu können.

In diesem Kontext stimmen viele der Aussage zu, dass das Wohnen außerhalb der Stadt durch Homeoffice attraktiver werde. Die Nähe zwischen Wohn- und Arbeitsort scheint ebenfalls weniger wichtig zu werden, weil das Pendeln ganz oder teilweise entfällt. Dieser Trend kann langfristig zur Zersiedlung beitragen. Die hohen Mieten in den Städten verleihen dieser Entwicklung zusätzlich Schub.

Online-Einkauf: Trend weiterhin stark, Folgen für Einzelhandel und Innenstädte?

Auch beim Shoppen im Internet zeichnet sich eine konstante Entwicklung ab. Wie in den beiden vorherigen Studien gaben mehr als 80 Prozent an, im Verlauf der letzten vier Wochen vor der Befragung online eingekauft zu haben. Mit Blick in die Zukunft sagte gut ein Drittel, dieses Einkaufsverhalten beibehalten zu wollen. Das ist eine massive Veränderung. Vor der Krise gab weniger als die Hälfte an, im letzten Monat im Internet eingekauft zu haben. Entsprechend hat auch der Lieferverkehr zugenommen. Gleichzeitig wird das deutliche Konsequenzen für den Einzelhandel und die Struktur unserer Städte und Zentren haben.

Weitere Informationen unter www.dlr.de

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