Wissenschaft & Forschung

Ortungssystem für in Not geratene Rettungskräfte

Um Helfer schnellstmöglich unterstützen zu können, haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ein System zur Lokalisierung verletzter oder verschütteter Rettungskräfte in Gebäuden entwickelt, das ohne GPS-Signal auskommt.

Erhöhte Sicherheit für Rettungskräfte: Dank eines Ortungssystems lassen sich Laufwege nachvollziehen und Personen so besser lokalisieren. Bild: Robert Fuge, KIT

Ob bei Bränden, nach Erdbeben oder in anderen Gefahrensituationen – oft müssen Rettungskräfte Personen aus Gebäuden befreien. Diese Einsätze stellen jedoch ein hohes Risiko dar: Gefahren lassen sich vorab schwer einschätzen, auch die Helfer selbst können in Not geraten. Um sie schnellstmöglich unterstützen zu können, haben Wissenschaftler des KIT ein System zur Lokalisierung verletzter oder verschütteter Rettungskräfte in Gebäuden entwickelt, das ohne GPS-Signal auskommt.

Gängige Lokalisierungsmethoden, die im Außenbereich funktionieren, stoßen in Gebäuden an ihre Grenzen. So ist eine Satellitenortung, beispielsweise per GPS, sehr ungenau, sobald Hindernisse den direkten Sichtkontakt zum Satelliten beeinträchtigen. Auch ein funktionierendes WLAN-Signal für eine Funkortung oder Baupläne eines Gebäudes könne in Krisensituationen nicht vorausgesetzt werden, sagt Nikolai Kronenwett vom Institut für Regelungs- und Steuerungssysteme des KIT. Bislang existiere noch keine Technologie, die eine zuverlässige Indoor-Lokalisierung ermögliche. Gemeinsam mit Gert Trommer, emeritierter Professor des KIT, hat Kronenwett nun ein autonomes System entwickelt, das eine Lokalisierung von Einsatzkräften speziell in Gebäuden ohne Funkverbindung nach außen ermöglicht.

System für den Fuß misst Richtung und Geschwindigkeit

Das Messsystem ist nur wenige Zentimeter groß und lässt sich leicht am Schuh der Nutzerin oder des Nutzers befestigen. Durch Sensoren, die Beschleunigungen und Drehraten messen, erkennt es, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit sich eine Person bewegt – eine Technologie, die beispielsweise auch in Smartwatches eingesetzt wird. Das größte Alleinstellungsmerkmal des Messsystems ist die intelligente Standphasen-Klassifikation. Sie analysiert den menschlichen Gang und unterteilt ihn in vier verschiedene Phasen: die Stand- und die Abrollphase, die Schwungphase sowie die Belastungsantwort. Dies entspricht einem normalen Vorwärtsschritt. Außerdem erkennt die Sensorik durch die Montage des Messsystems am Fuß, wann der Nutzer stehen bleibt. Durch diese Null-Geschwindigkeitsmessungen können Sensorfehler geschätzt und kompensiert werden. Das verbessert die Genauigkeit der Lokalisierung enorm.

Vor dem Betreten eines Gebäudes erfasst das System einmalig die aktuelle Position mittels GPS. Danach benötigt es keine weiteren Signale. Die Lokalisierung der Person geschieht allein durch einen Algorithmus, der den aktuellen Standort auf Grundlage der Bewegungsinformationen berechnet, welche die Sensoren liefern. Über eine externe, unabhängige Funkverbindung werden dann die aktuellen Positionen aller Einsatzkräfte dem Einsatzleiter auf einen Computer übermittelt. So kennt dieser in einer Notsituation den genauen Standort der einzelnen Personen und kann schnellstmöglich reagieren.

System für die Hand scannt die Umgebung

Neben dem Messsystem für den Fuß arbeitet Kronenwett außerdem an einem handgetragenen System. Das Fußsystem bestimmt sehr genau die Position des Nutzers, es übermittelt aber keine Informationen über die Umgebung und den Aufbau des Gebäudes. Das handgetragene System erhält eine Kamera, die mit Infrarot die Umgebung abscannt und so ein 3D-Modell der Räume erstellt, durch die eine Person läuft. Hiermit erhalte der Einsatzleiter einen besseren Überblick über die Situation innerhalb des Gebäudes.

Das Messsystem kann aber nicht nur bei der Ortung von in Not geratenen Rettungskräften helfen. Es könnte auch eingesetzt werden, um Polizei und Sicherheitspersonal an Flughäfen, Einkaufszentren oder (U-)Bahnhöfen zu lokalisieren, um Minenarbeiter in unterirdischen Höhlen oder Stollen zu orten oder auch als Orientierungshilfe für Blinde.

Weitere Informationen unter www.kit.edu



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