Nach einem reibungslosen Start in die Commissioning-Phase des Erdbeobachtungssatelliten Biomass der Europäischen Weltraumorganisation ESA erzeugte das Biomass-Team des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nun das erste Radarbild – ein Meilenstein, denn es ist das erste fokussierte SAR-Bild im P-Band, das jemals aus dem Weltraum aufgenommen wurde. Die Bilder und Ergebnisse entstanden im Rahmen des von der ESA finanzierten Programms „ESA Biomass In-Orbit Commissioning“.
Die Start- und Frühbetriebsphase (Launch and Early Orbit Phase, kurz Leop genannt), in der der Satellit in seine Umlaufbahn gebracht und seine Systeme aktiviert und getestet wurden, endete mit dem spektakulären Entfalten der zwölf Meter großen Reflektor-Antenne. Direkt im Anschluss begann – nahezu zwei Wochen früher als geplant – die Inbetriebnahmephase, In-Orbit Commissioning (IOC). Das SAR-Instrument (SAR steht für Synthetic Aperture Radar) wurde am 21. Mai 2025 erstmals eingeschaltet. Die erste Radaraufnahme erfolgte bereits am nächsten Morgen. Noch am selben Tag wurden die ersten Datensätze zur Erde übertragen und erschienen wenige Stunden später auf den Servern des ESA-Bodenstationssegments am European Space Research Institute (ESRIN) bei Rom. Um 16:20 Uhr wurde schließlich von den DLR-Wissenschaftlern des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen das erste fokussierte Radarbild erzeugt.
Ziel der Inbetriebnahmephase ist es, sowohl das Instrument als auch die gesamte Prozesskette der Datenerfassung und -verarbeitung zu kalibrieren, zu charakterisieren und zu verifizieren. Aufgrund der hochinnovativen Auslegung der Biomass-Mission ist die Planung und Durchführung dieser Phase komplexer als bei konventionellen SAR-Systemen. Sie ist auf eine Dauer von etwa sechs Monaten angesetzt. Gestartet war der Satellit der insgesamt siebten Earth-Explorer-Mission der ESA am 29. April 2025 vom Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana.
Biomass-Mission herausfordernd
Biomass ist nicht nur die erste weltraumgestützte Mission im P-Band, sondern auch die erste vollständig polarimetrische ESA-Mission sowie die erste mit einem systematischen Multi-Winkel-Aufnahmekonzept. Entsprechend mussten im Verlauf der Entwicklung – von der ersten Missionsidee bis zur Startbereitschaft – zahlreiche wissenschaftliche und technologische Herausforderungen gemeistert werden.
Das DLR war von Anfang an maßgeblich an der Mission Biomass beteiligt. Über sämtliche Missionsphasen hinweg unterstützte das DLR die ESA unter anderem mit der Entwicklung zentraler Algorithmen zur Kalibrierung, zur Korrektur ionosphärischer Effekte sowie zur Erfassung von Wald-Biomasse mittels polarimetrischer SAR-Interferometrie und Tomographie. Damit leistet das DLR von Beginn an wichtige Beiträge zur Überwindung der komplexen Herausforderungen der Mission.
Rolle des DLR
Während der Inbetriebnahmephase des Satelliten übernimmt das DLR eine Schlüsselrolle, insbesondere im Bereich der Systemcharakterisierung, der polarimetrischen und ionosphärischen Kalibrierung sowie der Leistungsüberprüfung. Neben den Kalibrierungs- und Validierungsaufgaben werden bereits jetzt verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehört unter anderem die Charakterisierung der Erdatmosphäre – insbesondere der Ionosphäre – während der aufsteigenden (6:00 Uhr Ortszeit) und absteigenden (18:00 Uhr Ortszeit) Biomass-Orbits. Hierfür werden besonders lange SAR-Aufnahmen gemacht, die sich über eine Entfernung von bis zu 12.000 Kilometern erstrecken und sehr unterschiedliche Bereiche der Ionosphäre abdecken. Eine weitere zentrale Aufgabe ist die Analyse der zeitlichen Stabilität der Radar-Wechselwirkung im Wald im P-Band – ein entscheidender Aspekt für die spätere Kombination mehrerer Beobachtungswinkel zur Erstellung erster tomographischer 3D-Waldabbildungen.
Beginn einer spannenden Reise
Im Verlauf der Inbetriebnahme werden der Satellit, das SAR-Instrument sowie die komplette Datenverarbeitungs- und -übertragungskette schrittweise auf volle Einsatzfähigkeit gebracht. Bis zum Ende der IOC-Phase im November 2025 wird Biomass in seine operationelle Umlaufbahn übergehen und mit der regulären Datenerfassung beginnen. Die Mission wird dann der internationalen Erdbeobachtungsgemeinschaft umfassende Daten bereitstellen, die zur Erfassung räumlicher Muster von Biomasse und Waldhöhen, zur Überwachung von Veränderungen über die Zeit und zur erstmaligen dreidimensionalen Rekonstruktion von Waldstrukturen beitragen – und somit die Missionsziele verwirklichen.
Weitere Informationen unter www.dlr.de