Raus aus dem Tiefschlaf

Morgen öffnet die Intergeo in Frankfurt am Main ihre Türen. Dann spült es wieder zahlreiche Aussteller und Besucher in die Messehallen der Fachveranstaltung für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement. Die Intergeo-Verantwortlichen sprechen von über 500 Ausstellern aus mehr als 40 Ländern sowie rund 17.000 Fachbesuchern an den drei Messe- und Konferenztagen. Mit ihnen halten Fachwissen, aber auch neue Lösungen und Dienstleistungen aus der Geo-IT-Welt Einzug. Seien es Ideen und Anwendungen zur Geoinformation, zur Vermessung, aber auch zur Fernerkundung, zur Drohnentechnologie sowie zu intelligenten Stadtentwicklungen.

Aufwachen und die digitalen Hausaufgaben erledigen. Bild: stock.adobe.com_Zubair_#1704644364

Gleichzeitig klopfen die Herausforderungen an die Messetüren und treten ungefragt ein. Deren Bandbreite erstreckt sich von ungelösten Energie- und Mobilitätsfragen über zu wenig bezahlbaren Wohnraum bis zum Zickzackkurs in der Klimapolitik. Und das alles vor dem Hintergrund einer geopolitischen Schieflage mit Kriegen, Handelshemmnissen und Zollbarrieren. In Summe keine leichten Aufgaben für Politiker und Stadtverantwortliche, für Unternehmen und die Wissenschaft.

Machbares und Alltagslösungen

Dass gerade für Politiker die Aufgaben in einem demokratischen System nie leicht sind, das zeigt sich im täglichen Aushandeln möglicher Wege und des Machbaren auf Bundesebene sowie in den Ländern. Denn alle wollen mitreden und gehört werden. Das macht die Sache nicht einfacher – gerade auf städtischer und kommunaler Ebene. Also dort, wo Bürger direkt von den Auswirkungen politischer Entscheidungen betroffen sind. So viel zur Realpolitik. Zu dieser gehört aber auch, dass auf Bundesebene zu lange und zu viel über wichtige Zukunftsthemen debattiert wird, ohne konkrete Lösungs- und Handlungswege zu etablieren. Im Resultat versanden viele Vorhaben oder kommen nicht vom Fleck. Bestes Beispiel: das Digitalisierungs- und Technologiewissen hierzulande. Für die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war das Internet 2013 noch Neuland. Für ihren Parteikollegen und jetzigen Bundeskanzler Friedrich Merz können wir Technologie. So zumindest seine Aussage im Rahmen der Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2025 in Saarbrücken. Die eine war ehrlich, der andere macht sich etwas vor. Denn über das „digitale Neuland“ sind wir mit Blick auf funktionierende Alltagslösungen für Bürger und Unternehmen seit A. Merkels Ausspruch vor über einem Jahrzehnt nicht wirklich weitergekommen. Der andere, Bundeskanzler F. Merz, beschwört den Technologiestandort Deutschland. Leider scheint dieser Zug längst abgefahren. Viele Unternehmen planen sich neu aufzustellen, verabschieden sich von Industrie- und Technologiesparten oder reduzieren hierzulande Arbeitsplätze. In anderen Branchen herrscht seit Jahren eine gewissen Orientierungslosigkeit – und die fängt bei der Automobilbranche an und hört beim Energiesektor noch nicht auf. Stattdessen wird viel und gerne über sogenannte Schlüsseltechnologien gesprochen. Hierzu zählt landauf, landab die künstliche Intelligenz (KI). Die deutsche Realität sieht indes anders aus. Treiber sind China und die USA. Und Deutschland?

Der Spiegel brachte es im September 2025 auf den treffenden Punkt: „China und die USA liefern sich bei künstlicher Intelligenz ein Wettrüsten. Die Überzeugung dahinter: Wer KI beherrscht, wird die Welt dominieren. Und Europa? Ist im Tiefschlaf, allen voran Deutschland.“ Ein Tiefschlaf, der im Grunde die gesamte Digitalisierung erfasst hat.

Vom weit gefassten Themenbogen und den Stages

Nun bietet die morgen startende Intergeo die Möglichkeit, Deutschland zumindest ein Stück weit aus seinem Tiefschlaf zu wecken. Apropos: Die Intergeo 2025 setzt in diesem Jahr wieder auf ein umfassendes Themenprogramm rund um die Geo-IT-Welt. In einer Mitteilung heißt es in diesem Zuge: „Ob vom All aus oder aus der Drohnenperspektive, ob mit KI-gestützten Datenanalysen oder 3D-Visualisierungen: Geoinformation ist längst nicht mehr nur ein Werkzeug für Spezialisten – sie ist zur Schlüsselressource für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geworden.“ Damit einhergeht ein weit gefasster Themenbogen: von der KI-gestützten Fernerkundung über urbane digitale Zwillinge und Open-Data-Strategien bis hin zur BIM-GIS-Integration. Unter dem Slogan „Technologie trifft Praxis“ können Besucher darüber hinaus zwischen zwei Stages wählen. Laut Veranstalter dreht sich im Rahmen der Main Stage „alles um technologische Trends, Standards und die Zukunftsfähigkeit der Branche. Schwerpunkte reichen von GeoAI und KI-gestützter Sensorik über Laserscanning, LiDAR und GNSS bis hin zu BIM-, Scan2BIM- und Photogrammetrie-Workflows.“ Abgerundet wird das Programm in diesem Bereich durch Reality Capturing, digitale Zwillinge und AI-Integration. Mit der Application Stage geht die Intergeo nach eigenem Bekunden noch „einen Schritt weiter“. Inhaltlich steht hier die Umsetzung im Mittelpunkt. „Best-Practice-Beispiele verdeutlichen, wie Geoinformation in der Stadtentwicklung, im Katastrophenmanagement, in der Bau- und Infrastrukturplanung sowie in Mobilität, Energieversorgung und Telekommunikation konkret eingesetzt wird“, so die Intergeo-Macher. Die Veranstaltung wird es zeigen.