Das Forschungskonsortium „Inge“ hat im Beisein des Innenministers Thomas Strobl den Prototyp einer digitalen Meldeplattform für Gewaltvorfälle im öffentlichen Dienst vorgestellt. Die Plattform basiert auf der Software Disy Cadenza und bietet erstmals die Möglichkeit, sowohl strafbare als auch nichtstrafbare Vorfälle zu erfassen und auszuwerten. Für den operativen Einsatz ist allerdings ein weiterer Ausbau des Systems erforderlich.
Gewalt im öffentlichen Dienst
Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst nimmt seit Jahren zu. Während strafbare Handlungen durch die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfasst werden, bleiben respektlose und bedrohliche Verhaltensweisen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze oft unberücksichtigt – obwohl auch sie erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen haben können. Um hier ein klares Lagebild zu schaffen, startete 2022 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „Inge“. Ziel war die Entwicklung einer umfassenden Meldeplattform, die auch nichtstrafbare Vorfälle erfasst und eine Datenbasis für gezielte Präventionsmaßnahmen schafft.
Nutzerfreundlichkeit und Datenschutz im Fokus
Der Prototyp dieser Plattform bietet Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine einfache Möglichkeit, Gewaltvorfälle zu melden – ob als betroffene Person, Zeuge oder mit Hilfe einer Vertrauensperson. In der Entwicklungsphase wurden zahlreiche Interviews mit Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung geführt, um die Plattform bestmöglich auf die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen. Durch ein flexibles Fragensystem können Vorfälle in unterschiedlicher Detailtiefe beschrieben werden, während ein durchdachtes Rollen- und Rechtesystem den Datenschutz und die Vertraulichkeit der Daten gewährleistet. Die Erhebung und Auswertung erfolgt mithilfe der Datenanalyse-Software Disy Cadenza, die flexiblen und benutzerfreundlichen Analysen und Lagebilddarstellungen in übersichtlichen Dashboards ermöglicht.
Meldeplattform für Gewaltvorfälle überzeugt im Praxistest
Im Frühjahr 2024 wurde der Prototyp in ausgewählten Behörden der Stadt Offenburg und im Ostalbkreis getestet. Die Rückmeldungen der Nutzenden waren durchweg positiv. Besonders hervorgehoben wurden die intuitive Bedienbarkeit der Plattform und die Möglichkeiten zu datengestützten Analysen. Gleichzeitig wurde angeregt, die Plattform für weitere Gewaltphänomene zu erweitern, um so ein umfassenderes Lagebild zu erhalten und gezielte Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können. Dafür dient auch die im Projekt aufgebaute Inge-Präventionsdatenbank, die geeignete Maßnahmen beschreibt und ihnen spezifische Gewaltvorfälle zuordnet. Die Einteilung der Maßnahmen nach den gleichen Kriterien wie bei der Erfassung der Vorfälle erleichtert die gezielte Suche und Auswahl passender Präventionsmaßnahmen und unterstützt somit die präventive Arbeit.
Perspektiven für den operativen Einsatz
Mit dem Projektabschluss im September 2024 steht ein praxistauglicher Prototyp zur Verfügung, der erstmals ein umfassendes und systematisches Lagebild zu Gewaltvorfällen im öffentlichen Dienst ermöglicht. Der Prototyp wurde im Beisein des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Ministers des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, Thomas Strobl, vorgestellt. Strobl würdigte die innovative Arbeit des Forschungskonsortiums und betonte die Relevanz der Plattform für den Schutz der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Für den operativen Betrieb sind jedoch weitere Entwicklungsarbeiten erforderlich, um die Plattform optimal an die Bedürfnisse von Kommunen und Landesbehörden anzupassen. Ebenso müsste über die Betriebsoptionen entschieden werden. Dabei ist auch die Möglichkeit einer Software-as-a-Service-Lösung für Kommunen oder große Einzelbehörden aus technischer Sicht vielversprechend.
Weitere Informationen unter www.disy.net/de