Wissenschaft & Forschung

Globale Vegetationskarten aus Handy-Daten

Nutzer der App „Inaturalist“ helfen der Forschung maßgeblich dabei, mit ihren Handy-Daten globale Vegetationskarten von Pflanzenmerkmalen zu erstellen.

 

 

Pflanzenmerkmalsdaten zu erfassen ist enorm aufwendig und flächendeckend kaum möglich. Durch die Verknüpfung verschiedener Datenbanken können Wissenslücken zum Teil ausgeglichen werden. Bild: Valério Pillar

 Infomationslücken in globalen Vegetationskarten können mit Handy-Daten aus Naturbestimmungsapps geschlossen werden; dies konnten Forschende der Universität Leipzig, des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (Idiv) und weiterer Einrichtungen anhand von Daten der App „Inaturalist“ zeigen. Ergänzt mit Daten zu Pflanzenmerkmalen ergeben Inaturalist-Daten wesentlich präzisere Karten als bisherige Ansätze, die auf Extrapolation kleiner Datenbanken basieren. Die neuen Karten bilden unter anderem eine verbesserte Grundlage für das Verständnis von Pflanzen-Umwelt -Interaktionen und zur Erdsystemmodellierung. Die Studie wurde in Nature Ecology and Evolution veröffentlicht.

Globale Vegetationskarten aus Handy-Daten

Natur und Klima bedingen sich gegenseitig. Pflanzenwachstum hängt stark vom Klima ab, dieses wird jedoch auch stark von Pflanzen beeinflusst, etwa einem Wald, der viel Wasser verdunstet. Um präzise Vorhersagen machen zu können, wie sich die lebendige Welt entwickeln könnte, ist also umfangreiches Wissen zu den Merkmalen der Vegetation an den verschiedenen Standorten nötig, etwa die Größe der Blattoberfläche, Gewebeeigenschaften oder Pflanzenhöhe. Solche Daten müssen jedoch meist aufwendig von professionellen Wissenschaftlern von Hand erfasst werden. Entsprechend sind sie weltweit gesehen sehr spärlich und decken auch nur bestimmte Regionen ab.

Die Try-Datenbank, die von Idiv und dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena geführt wird, stellt solche Daten zu Pflanzenmerkmalen für derzeit fast 280.000 Pflanzenarten zur Verfügung. Damit gehört sie zu den weltweit umfassendsten Datengrundlagen für die Kartierung von Pflanzenmerkmalen. Globale Karten zu Pflanzenmerkmalen wurden bislang über Extrapolationen (Schätzung anhand der beobachteten Entwicklungstrends) dieser räumlich begrenzten Datenbank erstellt. Die daraus resultierenden Karten waren jedoch nicht besonders verlässlich.

Um die bestehenden Datenlücken zu füllen, wählten die Leipziger Forschenden nun einen anderen Weg. Statt bestehende Merkmalsdaten der Try-Datenbank räumlich zu extrapolieren, verknüpften sie sie mit dem riesigen Datensatz aus dem Bürgerwissenschaftsprojekt Inaturalist. Dabei teilen Nutzer der zugehörigen Smartphone-App ihre Naturbeobachtungen mit Artnamen, Fotos und Geolokalisierung. Mittlerweile wurden so über 19 Millionen Datenpunkte in aller Welt allein für terrestrische Pflanzen erfasst. Die Daten speisen dabei auch die weltweit größte Biodiversitätsdatenbank der Welt, die Global Biodiversity Information Facility (GBIF), die öffentlich zugänglich ist und der Biodiversitätsforschung als wichtige Datenbasis dient.

Um zu testen, wie exakt die Karten aus der Kombination von Inaturalist-Beobachtungen und Try-Pflanzenmerkmalen sind, wurden sie mit den Pflanzenmerkmalsschätzungen basierend auf „Splotopen“ verglichen. Die Idiv-Plattform Splot ist das weltweit größte Archiv für Daten von Pflanzengemeinschaften und enthält fast zwei Millionen Datensätze mit vollständigen Listen von Pflanzenarten, die in den von professionellen Forschenden untersuchten Standorten (Plots) vorkommen. Die Datenbank ist ebenfalls mit Pflanzenmerkmalsdaten aus der Try-Datenbank angereichert.

Das Ergebnis: Die neue Inaturalist-Daten-Karte deckte sich wesentlich besser mit der Splot-Daten-Karte als ältere Ansätze, die durch Hochrechnung erstellt worden waren.

Weitere Informationen unter https://www.idiv.de

 

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