Wasser, Staudämme und Verschmutzung

Andreas Eicher

Ende März war Weltwassertag. Ein Tag, der im Zuge der aktuellen Corona-Krise untergegangen ist. Einerseits verständlich bei all den menschlichen Tragödien aufgrund des Corona-Virus – quer über den Kontinent. Andererseits unverständlich. Denn neben dem 1,5 m Abstand halten wird das regelmäßige Händewachsen von offiziellen Stellen und Medizinern immer wieder als wirksamer Schutz gegen die Corona-Pandemie propagiert. Und dafür braucht es Wasser. In unseren modernen Gesellschaften des Westens sind beide Schutzmöglichkeiten meistens möglich.

Ohne sauberes Wasser kein Leben (Quelle: stock.adobe.com_Fabianodp)

Ohne sauberes Wasser kein Leben (Quelle: stock.adobe.com_Fabianodp)

In vielen ärmeren Ländern geht in der Ödnis lebensfeindlicher und dünn besiedelter Gebiete das eine, sprich Abstand halten. Dagegen ist das andere – also regelmäßiges Händewachsen – aufgrund fehlenden oder verschmutzten Wassers schlicht nicht möglich. Und wehe den Menschen, die in überfüllten Megastädten, wie Mumbai, Dhaka oder Karachi leben (müssen). Dort sind Abstand und Sauberkeit zwei Luxusbegriffe ohne feste Ankerpunkte, weil schlicht nicht realisierbar. Wer in den Slums dieser Megastädte lebt, der hat vielfach andere Sorgen.


Ein Drama an Europas Außengrenze
Apropos Slums. Hierzu reicht teils ein Blick an die Ränder der Europäischen Union (EU). Was sich schon seit Monaten abzeichnet, erfährt in diesen Corona-Zeiten eine Verschärfung der Lage. Die Rede ist vom Drama an Europas Außengrenzen und den Flüchtlingslagern in Griechenland. Hoffnungslos überfüllt leben zehntausende Menschen in Dreck und Elend. Eine Schande für die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Die Deutsche Welle (DW) titelt hierzu: „Corona-Krise: Griechische Flüchtlingslager ‚eine Zeitbombe‘ “ und folgert: „Europas größtes Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist für 3.000 Menschen konzipiert. Jetzt leben dort 20.000“ [1]. Fakt ist, dass es unter solchen Lebensbedingungen keinen Abstand zwischen den Menschen geben kann und Hygiene – auch aufgrund fehlenden Wassers – nur auf dem Wunschzettel der Hilfsorganisationen steht.


Wasserressourcen müssen besser genutzt und geschützt werden. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) schrieb im Rahmen des Weltwassertags: „Dazu muss zum Beispiel der Druck auf die Wasserressourcen – insbesondere in Regionen mit Wasserknappheit – mit einem effizienteren Umgang mit Wasser deutlich verringert werden.“ Und das BMU führt fort: „Die Weltwassertage und die VN-Wasserdekade sind vor dem Hintergrund der Umsetzung der 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung und der darin enthaltenen wasserbezogenen Ziele, insbesondere des Nachhaltigkeitsziels 6 „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“ zu sehen, die im Jahr 2015 von den VN-Mitgliedstaaten beschlossen wurden“ [2]. Allerdings stehen diese Wünsche und Umsetzungsvorhaben oft im krassen Widerspruch zu den realen Verhältnissen in unterentwickelten Regionen dieser Erde. Ein Beispiel ist Malaysia.

Wassermanagement und Staudammprojekte

Das südostasiatische Land Malaysia mit seinen über 32 Millionen Einwohnern ist ein Paradebeispiel dafür, welchen negativen Einfluss ein schlechtes Wassermanagement auf die Natur, den Menschen und die Tierwelt hat. Der massive Eingriff in das Ökosystem mit Brandrodungen und Palmölplantagen sowie einer rasant wachsenden Volkswirtschaft sorgt für einen radikalen Kahlschlag in Malaysias Natur. Die Folgen sind Monokulturen, Artensterben und Wasserverschmutzung. Mehr noch werden angestammte Völker aus ihren Lebensräumen verbannt, umgesiedelt und sozial entwurzelt.


Podcast zum Thema Wassermanagement
Hören Sie unseren Podcast zu „Malaysias langer Wasserweg“ auf gis.Radio – dem Geo-IT-Podcast unter www.gispoint.de/gisradio.html


Nach Auskunft des Vereins „Rettet den Regenwald“ „sollen im malaysischen Bundesstaat Sarawak auf der Insel Borneo zwölf Staudämme gebaut werden“. Das Ziel sei es, die hohe Nachfrage nach Strom in Südostasien zum Teil zu decken [3]. Mit dem Bakun-Damm plant das Energieunternehmen „Sarawak Energy“ 2.400 Megawatt (MW) Strom zu erzeugen.


Sarawak Geoportal

Dank eines eigenen „Sarawak Geoportals“ werden die vom Bruno Manser Fonds gesammelten Geoinformationen der Öffentlichkeit digital zugänglich gemacht. Die interaktive Karte zeigt Informationen zum malaysischen Bundesstaat Sarawak – angefangen bei geographischen Basisinformationen über verschiedene thematische Karten sowie Daten zur Abholzung bis zu Staudämmen.

 

(Quelle: Bruno Manser Fonds)

Weitere Informationen unter: www.bmfmaps.ch 


Bereits 1996 sprach ein Artikel in der Wochenzeitung „Die Zeit“ von einer ökonomischen Katastrophe mit Blick auf das Bakun-Projekt. So heißt es beispielsweise: „Die deutsche Regierung, die in den siebziger Jahren noch Durchführbarkeitsstudien für den Damm finanzierte, stieg bald aus der Förderung aus“ [4]. Auf eine Anfrage der Partei „Die Grünen“ aus dem Jahr 1990 an die Bundesregierung zu den Kosten „für die Erstellung der Feasibility-Studien zum Bakun-Staudamm“ antwortete der damalige Staatssekretär Siegfried Lengl (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit): „Für die Erstellung der Feasibility-Studien zum Bakun-Vorhaben wurden Mittel in Höhe von ca. 42 Mio. DM bereitgestellt, davon aus der Technischen Zusammenarbeit 24,9 Mio. DM, den Rest finanzierte Malaysia“ [5]. Das finanzielle Abenteuer des Projekts war früh bekannt und doch wurde der Bakun-Staudamm realisiert – trotz der damit verbundenen Risiken. Und der Beitrag zu „Der Aufstieg einer indigenen Bewegung“ in der Zeitschrift Südostasien von 2016 kommt zu dem Schluss, dass Sarawaks Energiepläne im Moment in der Schwebe hängen. Und weiter heißt es: „Der Baleh-Staudamm, der kaum Indigene betrifft, wird gebaut, obwohl sich auch hier die Frage nach der ökonomischen Notwendigkeit aufdrängt“ [6].

Wasserverschmutzung als Gesundheitsrisiko

Im Grunde lösen die angesprochenen Staudammprojekte nicht die Versäumnisse einer verfehlten Infrastruktur-, Energie- und Wassermanagementpolitik vergangener Jahrzehnte. Ganz im Gegenteil tragen sie aufgrund der Eingriffe in die Natur zu einer weiterenn Verschärfung der ohnehin angespannten ökologischen und sozialen Lage in Malaysia bei. Verwirrend sind zudem Aussagen, wie die des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das Ministerium schreibt als Herausgeber einer Ankündigung zu einer Geschäftsanbahnungsreise mit dem Namen „Wasserwirtschaft Malaysia“, die im September 2020 stattfinden soll: „Malaysia verfügt über eine der am besten organisierten Wasserinfrastrukturen in Südostasien. Dies zeigt sich in einer hundertprozentigen, ganztäglich verfügbaren Wasserversorgung der Bevölkerung, die den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Trinkwasser entspricht.“

Das klingt verlockend. Wäre da nicht auf der gleichen Seite des Dokuments zu lesen: „Insbesondere die Wasserverschmutzung ist in Malaysia ein ernstzunehmendes Problem: Da die Kosten für die Aufbereitung von verschmutztem Wasser zu hoch sind und in einigen Fällen kontaminiertes Wasser nicht mehr für den Verbrauch aufbereitet werden kann, reduziert sich die Gesamtwasserverfügbarkeit erheblich.“ Zudem bedeute die starke Verschmutzung der Oberflächengewässer ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung [7]. Laut dem World Wide Fund For Nature (WWF) liegt der durchschnittliche Wasserverbrauch der malaysischen Bevölkerung bei über 200 Litern pro Person und Tag und ist damit einer der höchsten in der Region. Die ineffiziente Wassernutzung der Bürger führt neben dem Bevölkerungswachstum zu einem enormen Wasserbedarf, der das verfügbare Wasserangebot belastet [8].

Allgegenwärtig: die Wasserverschmutzung gehört in Malaysia zum gewohnten Bild (Quelle:stock.adobe.com_Jal)

Hinzu kommen laut BMWi hohe Wasserverluste mit durchschnittlich 5.929 Mio. Litern pro Tag (MLD) an aufbereitetem Wasser. Eine Menge die ausreichen würde, „um den Wasserbedarf in den großen Bundesstaaten Selangor mit 3.316 MLD oder Johor (1.320 MLD) zu decken“. Als eine der Hauptursachen für die hohen Verluste sieht das Wirtschafts- und Energieministerium „alte, fragile und undichte Rohre, die laut Statistik von 2017 immer noch einen Anteil von 27 % (oder 41.560 km Länge) einnehmen“ [9]. Somit paaren sich kontaminiertes Wasser mit einem hohen Wasserbrauch sowie Wasserverluste aufgrund einer mangelhaften und veralteten Infrastruktur.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) fasst mit Blick auf das Wassermanagement Malaysias einen ganzen dornigen Strauß an negativen Einflussfaktoren zusammen. Nach FAO-Ansicht werde das Wassermanagement immer umfassender und komplizierter aufgrund der großen Konzentration der Bevölkerung sowie kommerzieller Aktivitäten und Industrien rund um die Städte und Gemeinden. Damit einhergehen ein steigender Wasserverbrauch und eine zunehmende Wasserverschmutzung sowie vermehrte Landnutzungskonflikte und der Klimawandel [11]. An diesen Ausführungen zeigt sich Malaysias langer „Wasserweg“, den es noch zurücklegen muss, gerade mit Blick auf die fehlende Nachhaltigkeit.

Quellen:

[1] https://www.dw.com/de/corona-krise-griechische-fl%C3%BCchtlingslager-eine-zeitbombe/a-52970589

[2] https://www.bmu.de/themen/wasser-abfall-boden/binnengewaesser/gewaesserschutzpolitik/international/weltwassertag-am-22-maerz-2020/

[3] https://www.regenwald.org/themen/staudaemme/staudaemme-in-sarawak

[4] https://www.zeit.de/1996/44/Babylonische_Bauten/seite-2

[5] http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/11/071/1107182.pdf

[6] https://www.asienhaus.de/fileadmin/uploads/soai/Zeitschrift_SOA/2016/2016-4/SOA_2016-04___malaysia.pdf

[7] https://www.malaysia.ahk.de/fileadmin/AHK_Malaysia/Events/2020/200921_Wasserwirtschaft_Malaysia/Infoletter_2020.pdf

[8] https://www.facebook.com/wwfmy/photos/malaysians-average-water-usage-per-person-is-over-200-litresday-which-is-among-t/10154076009623242/

[9] https://www.malaysia.ahk.de/fileadmin/AHK_Malaysia/Events/2020/200921_Wasserwirtschaft_Malaysia/Infoletter_2020.pdf

[10] http://www.fao.org/3/AB776E/ab776e02.htm