Wiederaufbau nach dem Erdbeben in L’Aquila? Analyse mit GIS-Daten

Meldungen über Naturkatastrophen wie Erdbeben verschwinden meistens sehr schnell wieder aus unserem Bewusstsein. Aber was passiert eigentlich danach in einem Katastrophengebiet? Diese Frage hat mich schon lange interessiert. Für meine Dissertation am Doctoral College GIScience in Salzburg habe ich mich mit dem Wiederaufbau in L’Aquila in Italien beschäftigt. Bei dem Erdbeben 2009 sind mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen; rund 100.000 Gebäude wurden zerstört.

L’Aquila gehört heute zu den größten Baustellen Europas. (Quelle: Z_GIS)

L’Aquila gehört heute zu den größten Baustellen Europas. (Quelle: Z_GIS)

Mich hat vor allem die Frage interessiert, wie schnell die Gebäude im Zentrum von L’Aquila wiederaufgebaut wurden und wofür sie heute genutzt werden. Gleich vorweg: Im Stadtzentrum ging der Wiederaufbau  –  zumindest bis 2012 –  nur sehr schleppend voran. Selbst 2014, als ich zum letzten Mal vor Ort war, befand sich die Stadt noch in einer „early recovery-Phase“ (Anmerkung dazu: Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) hat vier Phasen des Wiederaufbaus definiert: Unterstützung/Hilfe (relief), beginnende Wiederherstellung (early recovery), Wiederherstellung (recovery) und (Weiter-)Entwicklung (development). Das liegt vor allem daran, dass die Regierung unmittelbar nach dem Erdbeben mit dem Bau neuer Siedlungen außerhalb des Stadtzentrums begonnen hat. Der Wiederaufbau im Zentrum selbst hingegen hat sich verzögert.

Wurden Gebäude im Stadtzentrum wieder errichtet, waren diese häufig von privaten Investoren finanziert. Sie werden heute vor allem kommerziell genutzt – etwa von Banken oder Betreibern von Hotels, Restaurants oder Bars. Der Aufbau von Wohnhäusern, Schulen oder medizinischen Einrichtungen im Stadtzentrum ging nur schleppend voran. Fazit: Die Art und Weise, wie Gebäude im Stadtzentrum genutzt werden, hat sich verändert.

Ein ernüchterndes Ergebnis hat meine Bestandsaufnahme des öffentlichen Verkehrs zwischen den neuen Siedlungen und dem Zentrum ergeben: Die Verbindungen sind schlecht ausgebaut. Gleichzeitig gibt es in den Siedlungen selbst kaum Arbeitsplätze, Schulen oder medizinische Einrichtungen – mit entsprechenden Auswirkungen auf das wirtschaftliche und soziale Leben.

Ich habe für meine Analyse übrigens Satellitenbilder von vor und nach dem Erdbeben verglichen und konnte ich mir so ein Bild vom Gesamtzustand der Gebäude machen. Zusätzliche habe ich Funktionskartierungen erstellt. Damit konnte ich zeigen, wozu die Gebäude nach dem Wiederaufbau genutzt werden. Ich war insgesamt dreimal für Feldstudien vor Ort – 2010, 2012 und 2014.

 

Die Karte zeigt, wo in L‘Aquila ich Veränderungen am Zustand von Gebäuden feststellen konnte. (Quelle: Z_GIS)

Ich habe mein Doktoratsstudium vor kurzem abgeschlossen. Den Wiederaufbau in L’Aquila werde ich auf jeden Fall weiter beobachten – und hoffentlich auch bald wieder hinfahren. Wenn es so weit ist, werde ich – mit hoffentlich guten Nachrichten – an dieser Stelle wieder berichten.

Bis bald, Diana Contreras

Habe ich Ihr Interesse geweckt? Nähere Informationen hier.