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Multi-Sensor-System für die hochpräzise, georeferenzierte visuelle Punktbestimmung

Stefan Schaufler, Xiaoguang Luo, Bernhard Richter

Die Verfügbarkeit von leistungsstarken, mobilen Prozessoren eröffnete bahnbrechende Fortschritte in der Bildverarbeitung (Computer-Vision-Algorithmen) und leitete somit ein Revival der Photogrammetrie ein. Gebündelt mit Multi-Sensor-Systemen (z. B. GNSS, IMU, Odometer, Kompass) entstehen neue Möglichkei- ten für Positionierungs- und Realitätserfassungssysteme. Diese Anwendungen beruhen auf einer genauen und robusten Bestimmung der sechs Freiheitsgrade (6DoF – X, Y, Z und Roll-, Nick-, Gier-Winkel), wobei in erster Linie das globale Navigationssatellitensystem (GNSS) und das Trägheitsnavigationssystem (INS) kombiniert werden. Das Einbeziehen von GNSS hat den Vorteil, dass die Position direkt in einem globalen Referenzsystem geschätzt werden kann. Zusätzliche Messsysteme, wie kamerabasierte Systeme (Visuelle Inertialsysteme – VIS), LiDAR und Scanning, profitieren ebenfalls von der präzisen Lage und den geo­ referenzierten Positionsinformationen. In diesem Beitrag werden das Potenzial und die Einsatzmöglichkeit eines Vermessungssystems, das die in Echtzeit gewonnenen 6DoF-Informationen mit simultaner Bilderfassung kombiniert, analysiert. Dabei werden Positions- und Lageschätzungen mittels eines GNSS/INS-Systems mit zeitgleichen Bildaufnahmen einer Kamera und Computer-Vision-Algorithmen verknüpft. Die Kombination von terrestrischer Photo- grammetrie mit GNSS-RTK ermöglicht nun, entfernte, unerreichbare Punkte direkt, beinahe in Echtzeit zu erfassen. Dadurch werden global georeferenzierte Messungen mit Zentimetergenauigkeit auch von Positionen möglich, an denen kein GNSS-Signal verfügbar ist oder die Sicherheit der Vermesser gefährdet würde, wie zum Beispiel auf stark befahrenen Straßen. Hochpräzise, photogrammetrische Vermessungen und Szenendokumentationen können bequem in einem globalen Referenzsystem unmittelbar im Feld durchgeführt werden. Dies führt folglich zu erhöhter Produktivität und Anwenderfreundlichkeit. Eine sogenannte Snapping-Funktion selektiert Kanten in der Nähe des Cursors selbstständig in einem einzigen Bild und ein automatisierter Algorithmus berechnet die Koordinaten samt Genauigkeitsschätzung. Um die Leistung des Multi-Sensor-Systems zu verifizieren, wurden repräsentative Tests durchgeführt. Dabei wurden unterschiedliche Objektpunkte in Bildern gemessen, die von verschiedenen Kamera-zu-Objekt-Abständen und mit variablen Eigenschaften der Trajektorien aufgenommen worden sind. Um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser neuartigen Sensorfusionsplattform bewerten zu können, werden die Ergebnisse mit einem Referenzfeld mit höherer Genauigkeit verglichen. Dabei lässt sich erkennen, dass die Kombination von terrestrischer Photogrammetrie mit einem GNSS/INS-System enormes Potenzial für Vermessungsanwendungen bietet, bei denen hochpräzise, georeferenzierte Daten innerhalb kürzester Zeit benötigt werden.

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