Wissenschaft & Forschung

Informatiker wollen Waldgebiete per Drohne aufforsten

Informatiker der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg untersuchen, ob Drohnen einen Beitrag zur Kartierung der Schäden und zur Wiederaufforstung leisten können.

Drohnen sollen bei der Wiederaufforstung von Waldgebieten helfen. Denn so wie hier sieht es an vielen Orten aus. Das BMEL schätzt, dass in Deutschland Ende des Jahres 2020 rund 171 Millionen Kubikmeter an Schadholz existierten. Bild: Maximilian Johenneken

Waldgebiete per Drohne aufforsten – das ist die Idee von Informatikern der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
(H-BRS). Vor 15 Jahren tobte mit dem Orkan Kyrill in Europa einer der verheerendsten Stürme der jüngeren Vergangenheit. In nur zwei Tagen, am 18. und 19. Januar 2007, fielen alleine in Deutschland 37 Millionen Festmeter Holz dem Sturm zum Opfer. Die im Zuge des Klimawandels häufiger auftretenden Extremwetterereignisse – neben Stürmen auch anhaltende Dürre - und die damit einhergehende Ausbreitung des Borkenkäfers haben dem europäischen und insbesondere dem deutschen Wald in den vergangenen Jahren stark zugesetzt. Die Lage ist ernst: Der Wald stirbt momentan schneller, als er wieder aufgeforstet werden kann. Ein Forscherteam aus Informatikern der H-BRS setzt hier an und untersucht, ob speziell angefertigte Drohnen einen Beitrag zur Kartierung der Schäden und zur Wiederaufforstung leisten können.

Drohnen unterstützen beim Wiederaufforsten von Waldgebieten

Gerade spazierte man noch durch einen dichten Fichtenwald, doch hinter einer Wegbiegung bietet sich ein Bild des Grauens: Auf einer riesigen Fläche steht kein einziger Baum mehr, der Boden ist übersät mit Totholz und den Nadeln der einst so stolzen Giganten. So wie hier, östlich der Stadt Arnsberg im Hochsauerland, sieht es an vielen Orten aus. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) schätzt, dass in Deutschland Ende des Jahres 2020 rund 171 Millionen Kubikmeter an Schadholz existierten – Tendenz steigend. Bisherige Maßnahmen der Förster zielen vor allem darauf, die Ausbreitung des Borkenkäfers zu stoppen. Dazu fällen sie betroffene Baumabschnitte oder locken die Schädlinge mit Pheromonfallen an. Die Aufforstung bereits zerstörter Waldgebiete ist jedoch sehr teuer und nur durch erheblichen Zeit- und Personalaufwand realisierbar.

Im Projekt Garrulus arbeiten die Wissenschaftler vom UAV Lab der H-BRS unter der Leitung von Professor Asteroth daran, diese Arbeit zu vereinfachen. Ziel ist es, eine schnelle, zuverlässige und kostengünstige Methode für die Wiederaufforstung geschädigter Waldflächen zu entwickeln. Bis zum Ende des Jahres wollen die Forschenden den Prototypen eines unbemannten Luftfahrzeugs (UAV) bauen, welcher in der Lage ist, das geschädigte Terrain zu vermessen, das Ausmaß der Schäden zu quantifizieren und neues Saatgut an geeigneten Stellen auszubringen. Die eingesetzte Drohne ist dabei mit verschiedenen Sensoren, wie einer Multispektralkamera, einer Thermalkamera und einem Laserscanner, ausgestattet.

Maximilian Johenneken ist Experte für Computer-Vision und arbeitet im Projekt daran, die so gewonnenen Informationen verwertbar zu machen: Ziel sei es, ein 3D-Modell des Waldbodens zu erstellen, in dem zum Beispiel auch Informationen zu Temperatur und dem Chlorophyllgehalt der Flora enthalten seien, so Johenneken. So könnte man aus der Luft sehen, wie hoch der Anteil an Totholz sei und an welchen Stellen man die Samen mit größtmöglichem Erfolg platzieren könne, so der Wissenschaftler. Die Perspektive aus der Luft – die Drohne fliegt in 40 bis 50 Meter Höhe über das betroffene Gebiet – bietet dem Forschungsteam dabei einen Überblick, der vom Boden aus nicht zu gewinnen ist. Im Gegensatz zu den Vögeln der namensgebenden Gattung „Garrulus“ – diese graben die Samen als Wintervorrat ein, benötigen jedoch nicht alle davon - wollen die Wissenschaftler bei der Wahl des perfekten Standortes nichts dem Zufall überlassen.

Aktuell entwickeln die Informatiker einen Saatmechanismus für die Drohne, der eine Kapsel – ausgestattet mit Saatgut und wichtigen Nährstoffen – präzise am ausgewählten Ort platziert. Eine Bepflanzung aus der Luft sei ungewöhnlich. Normalerweise würden Setzlinge in der Baumschule angezogen, bevor sie in der Natur eingepflanzt würden. Man müsse also sicherstellen, dass man die Samen mit allem ausstatte, was sie benötigten, so Johenneken. Für die forstwirtschaftliche Betreuung des Projekts arbeiten die Forschenden eng mit den Mitarbeitern des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft in Arnsberg zusammen.

Insgesamt müssen laut BMEL in Deutschland schätzungsweise 277.000 Hektar Waldfläche aufgeforstet werden. Der Bedarf an positiven Ergebnissen aus dem Projekt „Garrulus“ ist also riesig, weshalb die Arbeit der Wissenschaftler mit 319.700 Euro vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird. Auch die neue Bundesregierung erklärt im Koalitionsvertrag, dass die bodenschonende Waldbearbeitung mit Saatdrohnen in Zukunft besonders gefördert wird.

Weitere Informationen unter www.h-brs.de

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