Wissenschaft & Forschung

Den Wechselwirkungen in der Erdatmosphäre auf der Spur

Anfang März 2024 wird der europäisch-japanische Umweltsatellit Earthcare Deutschland zur Erforschung der Wechselwirkung in der Erdatmosphäre verlassen.

Das deutsche Forschungsflugzeug Halo fliegt Validierungskampagne für Earthcare, um Wechselwirkungen in der Erdatmosphäre zu erforschen. Bild: DLR

Ob Dürre und Hitze in Südeuropa oder extreme Starkregenereignisse in Deutschland – die Sonneneinstrahlung ist die maßgebliche Größe für das Klimageschehen und die Wetterdynamik auf unserer Erde, denn sie treibt die Zirkulation in der Atmosphäre an. Diese Strahlung ist in der Lufthülle allerdings sehr unterschiedlich verteilt und tritt dort zudem noch in Wechselwirkung mit Wolken, Spurengasen und Aerosolen – Schwebeteilchen aus kleinsten festen und flüssigen Partikeln.

Wechselwirkungen in der Erdatmosphäre untersuchen

Um in naher Zukunft noch genauere Vorhersagen machen zu können, müssen wir die bisher noch nicht so gut bestimmbaren Parameter zu Aerosolen und Wolken global besser kennen und deren Wechselwirkungen in der Erdatmosphäre entschlüsseln. Dadurch und mit der Messung der Strahlungsdichte kennen wir den Strahlungshaushalt unseres Heimatplaneten wesentlich genauer, als wir das heute tun. Die Europäische Weltraumorganisation ESA will daher gemeinsam mit der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa voraussichtlich im Mai 2024 ihre bislang größte und komplexeste Earth-Explorer-Erdbeobachtungsmission starten. Die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist wesentlich in die Earthcare-Mission (Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer) eingebunden – einer Mission im Rahmen des ESA Erdbeobachtungsprogramms Future EO, in dem Deutschland von Beginn an Programmführer ist und sich bis heute mit mehreren hundert Millionen Euro beteiligt. Zusätzlich werden mehrere Millionen Euro aus dem Nationalen Raumfahrtprogramm bereitgestellt, um die Nutzung der Earthcare-Daten während des Betriebs durch deutsche Forscher und ein Projektbüro vorzubereiten und den Betrieb durch deutsche Forschungseinrichtungen und Universitäten zu unterstützen. Letztere leisten einen der wesentlichsten Beiträge in Europa zur Validierung und werden durch eine Flugkampagne, mit dem deutschen Forschungsflugzeug Halo (High Altitude and Long Range Research Aircraft) substantiell unterstützt. Diese Kampagne wird vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre und dem Max-Planck-Institut für Meteorologie koordiniert.

Vier Instrumente liefern ein einzigartiges Bild zu den Vorgängen in der Erdatmosphäre

Auf Earthcare sind vier sich gegenseitig ergänzende Instrumente untergebracht. Durch die Aussendung von Lichtimpulsen eines Lasers und die Analyse der reflektierten Signale wird mit dem Atmosphären-Lidar Atlid, an dem auch das deutsche Unternehmen Tesat aus Backnang beteiligt ist, ein vertikales Profil in der Erdatmosphäre von Aerosolen und Wolken einschließlich ihrer Eigenschaften wie Höhe, Dichte und Aerosoltyp erstellt. Die bisher nie erreichte Genauigkeit dieser Information wird entscheidend die Verbesserung der Vorhersagen aus Klimamodellen voranbringen und das Verständnis der Rolle von Aerosolen und Wolken in der Energiebilanz unserer Erde vertiefen. Mit dem von der Jaxa bereitgestellten Wolkenprofilradar CPR (Cloud Profiling Radar) kann Earthcare das „Innenleben“ von Wolken beobachten und detaillierte Einblicke in deren vertikale Struktur und Geschwindigkeit, Partikelgrößenverteilung und Wassergehalt liefern, um zum Beispiel der Bildung und Auflösung von Wolken auf die Spur zu kommen.

Während das Atmosphären-Lidar und das Wolkenradar Profile der Atmosphäre in einem eher dünnen „Vorhang“ direkt unter dem Satelliten erstellen, misst der Multi-Spektral-Imager MSI von Earthcare in einem viel größeren Sichtfeld. Das Instrument nimmt hochauflösende Bilder in mehreren Spektralbändern des sichtbaren und infraroten Lichtspektrums auf. So können Wissenschaftler zwischen verschiedenen Arten von Wolken, Aerosolen und der Erdoberfläche unterscheiden und zudem zusätzliche Informationen über die optischen Eigenschaften von Wolken und Aerosolen erhalten, um mehr über ihre Zusammensetzung und Verteilung zu erfahren. Durch die Zusammenführung der Lidar-, Radar- und Multispektraldaten werden dreidimensionale Informationen über Wolken und Aerosole verfügbar sein. Das vierte Instrument an Bord ist das Breitbandradiometer BBR (Broad-Band Radiometer), das die reflektierte Strahlung in der Atmosphäre aus drei Richtungen vermisst. So kann die Menge der reflektierten Sonnenstrahlung und der von der Erde ausgehenden Wärmestrahlung bestimmt werden. Diese Messungen werden mit der aus den kombinierten Beobachtungen der anderen Instrumente berechneten Strahlung kombiniert und damit unser derzeitiges Verständnis der Wechselwirkung zwischen Aerosolen, Wolken und Energiebilanz unseres Planeten entscheidend verbessern.

Weitere Informationen unter www.dlr.de

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