Wissenschaft & Forschung

Geologie: Erdwärme unter Frankfurt?

Die Stadt Frankfurt lässt in 800 Metern Tiefe bohren, um herauszufinden, ob Erdwärme vorhanden ist. Das Land Hessen finanziert Forschungsbohrung am Rebstock.

Die Stadt Frankfurt lässt in 800 Metern Tiefe bohren, um herauszufinden, ob Erdwärme vorhanden ist. Bild: HLNUG

Möglicherweise kann Erdwärme unter Frankfurt am Main genutzt werden. Denn die Stadt hat ehrgeizige Klimaschutzziele: Bis 2035 soll die Stadt klimaneutral, Strom und Wärmeversorgung sollen unabhängig von fossiler Energie sein. Eine wichtige Rolle könnte dabei Geothermie spielen. Bisherige Untersuchungen im Frankfurter Stadtgebiet haben bereits gezeigt, dass möglicherweise unter Frankfurt in einer Tiefe von 800 Meter Temperaturen im Bereich von 40 °C vorzufinden sind.

Geologie: Erdwärme unter Frankfurt?

Um die tatsächlichen Gegebenheiten und Potenziale im Untergrund der Stadt Frankfurt zu ermitteln, lässt die Stadt Frankfurt am Main als Bauherrin seit Anfang November eine Forschungsbohrung vorbereiten. Das Hessische Wirtschaftsministerium stellt die finanziellen Mittel zur Durchführung der Forschungsbohrung zur Verfügung. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Ziel des Vorhabens ist, verlässliche Aussagen darüber zu machen, mit welchem Aufwand Erdwärme im Frankfurter Untergrund gewonnen werden kann.

Denkbar ist, das künftig gut gedämmte Gebäude direkt mit Erdwärme geheizt werden oder auch große Gebäudekomplexe unter Einsatz von Wärmepumpentechnologie wirtschaftlich mit Erdwärme versorgt werden können. Die gewonnenen Daten können auch eine Planungsgrundlage für die Konzeptionierung der Wärmeversorgung beispielsweise der Neubauprojekte Rebstockbad und gegebenenfalls Römerhöfe liefern. Diese Gebäude würden im Idealfall eine CO2-freie Wärmeversorgung erhalten. Der Erkundungsstandort auf dem Rebstock Gelände in Frankfurt wurde im Rahmen eines Pressetermins von Jens Deutschendorf, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW), besucht.

Man wolle das Land in weniger als 25 Jahren klimaneutral machen und den Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen decken, so Deutschendorf. Mit ihrer ganzjährigen Verfügbarkeit sei die Geothermie eine hervorragende Ergänzung zu Sonne und Wind; besonders interessant sei sie zur Beheizung von Gebäuden. Man habe bereits mit landesweiten Erkundungsbohrungen die Potenziale für eine sichere und effiziente Nutzung der oberflächennahen Erdwärme untersucht. Nun starte man im Randbereich der „geothermischen Anomalie“ in Frankfurt eine mitteltiefe Forschungsbohrung, die neue Einblicke und Hinweise auf Entwicklungsmöglichkeiten verspreche.

Auch bei erheblicher Steigerung der Eigenerzeugung werde Frankfurt nicht in der Lage sein, ausreichend erneuerbare Energie auf dem Stadtgebiet zu erzeugen, betont Rosemarie Heilig, Klimadezernentin von Frankfurt. Dafür reiche die eigenen Flächen nicht aus. Biomasse sei ebenfalls nicht in ausreichender Menge vorhanden und Solarenergie lasse sich nur schlecht vom Sommer in den Winter transferieren. Wenn man mit der Forschungsbohrung beweisen könne, dass da ein lohnenswerter Wärmeschatz unter Frankfurt schlummere, dann werde man ihn auch nutzen.

Mögliche neue Wärmequelle für Frankfurt

Die vom HLNUG als Bohrung der Geologischen Landesaufnahme konzipierte und koordinierte Forschungsbohrung am Rebstockbad soll Erkenntnisse über eine geothermische Anomalie liefern, um zu klären, ob Wärme direkt zur Beheizung der Stadt genutzt werden könnte. Frankfurt hätte dann eine neue Wärmequelle, die entweder direkt oder mit geringem Aufwand zusätzliche Energie zum Heizen liefern könnte. Sie käme zu den weiteren Wärmequellen aus Abwasser, Flusswasser, industrieller und gewerblicher Abwärme von Rechenzentren hinzu, die im Abwärmekataster der Stadt Frankfurt bereits erfasst sind.

Das Projektkonsortium der Forschungsbohrung

Für das einzigartige Projekt haben sich das Hessische Wirtschafts- und Energieministerium HMWEVW, das HLNUG, als zuständige Behörde für die geologische Landesaufnahme und die Bauherrin und Auftraggeberin Stadt Frankfurt am Main, vertreten durch das Energiereferat, mit mehreren Partnern zusammengefunden. Im Projekt kümmert sich die Landesenergieagentur Hessen (LEA) um Organisation und die Bäderbetriebe Frankfurt GmbH unter dem Dezernat III stellen das Grundstück zur Verfügung. Es gibt bereits heute reges Interesse und viele Unterstützer der Idee.

Für die Bohrung und die begleitende Forschung sind etwa 18 Wochen angesetzt. Die Arbeiten sind im vollen Gange und sollen Ende März abgeschlossen sein. Die Forschungsbohrung soll circa 700, maximal 800 Meter Tiefe erreichen. Alle Beteiligten erhoffen sich davon neue Erkenntnisse zum Untergrund: Hierbei geht es zum einen um das Gestein, das so genannte „Rotliegend“, und dessen hydraulische und geothermische Eigenschaften (zum Beispiel Durchlässigkeit, Wärmeleitfähigkeit). Neben dem Gestein spielt aber auch das Grund- beziehungsweise Thermalwasser sowie die Zusammensetzung eine entscheidende Rolle, das im Untergrund von Frankfurt besonders hohe Temperaturen aufweist. Dieses Thermalwasservorkommen unterhalb der Stadt wird vermutlich durch einen Zustrom aus dem Gestein im Oberrheingraben in Tiefen von mehr als 2.000 Metern gespeist. Bestätigt die Forschungsbohrung die Temperaturprognose des HLNUG und sind die Gesteine des Rotliegenden durchlässig genug, um ausreichende Mengen heißes Wasser fördern zu können, kann das Thermalwasservorkommen künftig zur Wärmeversorgung in der Stadt genutzt werden. Der geplante Untersuchungsumfang wurde vom HLNUG mit verschiedenen Partnern, wie dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover, der Technischen Universität Darmstadt, der Technischem Universität Freiberg sowie der Firma Vulcan Energie Ressourcen GmbH festgelegt.

Weitere Informationen unter www.hlnug.de

 

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