Wissenschaft & Forschung

Stauseen: Ressource Wasser einfacher schützen

Internationales Forschungsprojekt entwickelt anwendungsfreundliche Methoden zur Beurteilung der Wasserqualität in Stauseen, um die Ressourcen besser zu schützen.

Der Blick nach Süden über den Passaúna-Stausee zeigt verschiedene Landnutzungen – Wald, Landwirtschaft und Siedlungen – in unmittelbarer Nähe zum Gewässer. Bild: Tobias Bleninger, UFPR

Stauseen sind weltweit für die Trinkwasserversorgung unverzichtbar. Um die Reservoire vor Verlandung, Überdüngung und Verunreinigung durch Schadstoffe zu schützen, muss ihre Wasserqualität vorausschauend beobachtet werden. Ein deutsch-brasilianisches Konsortium unter Federführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat einfach anwendbare Mess- und Monitoringmethoden entwickelt, die sich besonders für Regionen mit begrenzter Datenverfügbarkeit eignen. Die Projektergebnisse belegen unter anderem, wie wirksam das gezielte Aufforsten im Einzugsgebiet von Stauseen ist.

Qualität der Ressource Wasser beuerteilen

Wird eine Verschlechterung der Wasserqualität frühzeitig erkannt, lassen sich Maßnahmen rechtzeitig implementieren und gefährdete Stauseen länger erhalten. Umweltmodelle unterstützen dabei, Stoffeintrag und Wasserqualität zu beobachten und zu beurteilen. Bisherige Modelle erfordern jedoch sehr große Datenmengen und einen hohen messtechnischen Aufwand; das macht sie ungeeignet für die Anwendung in datenschwachen Regionen. Das interdisziplinäre Projekt „Multidisziplinäre Datenerfassung als Schlüssel für ein global anwendbares Wasserressourcenmanagement“ (Mudak-WRM) hat in dreieinhalbjähriger Forschung in Brasilien und Deutschland Monitoringansätze, Modelle und Messtechniken erarbeitet, die möglichst einfach und allgemein verfügbar sind. Sowohl für die Berechnung der Wasserbilanz – der Differenz zwischen Wasseraufnahme und -abgabe – als auch für die Berechnung der Stoffeinträge aus dem Einzugsgebiet wurden Satellitendaten genutzt. Man habe gesehen, dass sich auch mit weniger Daten aussagekräftige Ergebnisse erreichen ließen, sagt Dr. Stephan Hilgert, Geoökologe am Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG) des KIT und Koordinator des Projekts.

Automatisierung der Datenverarbeitung

In das bisherige Stoffeintragsmodell fließt eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen ein. Daher hat sich das Projektteam auf die beiden wichtigsten Eintragspfade konzentriert: die Stoffeinträge durch Erosion der Landoberfläche und die Abwassereinträge aus dem urbanen Umfeld im Zuflussgebiet von Stauseen. Exemplarisch untersucht wurden die Große Dhünntalsperre in Nordrhein-Westfalen und der Passaúna-Stausee im brasilianischen Bundesstaat Paraná.

Ein wesentlicher Punkt sei die Automatisierung der Verarbeitung von Satellitendaten gewesen, die zum Berechnen der Wasserbilanz und der Stoffeinträge etwa von Phosphor und Feststoffen genutzt würden, erläutert Hilgert. Die erfolgreiche Automatisierung vereinfache die Anwendung der Modelle deutlich und erhöhe ihre Genauigkeit und Übertragbarkeit auf andere Einzugsgebiete. Das Konsortium aus Wissenschaft, kommunalen Verbänden und Industrieunternehmen hat Sensoren und Plattformen zur kontinuierlichen Erfassung der Wasserqualität entwickelt sowie eine Onlineplattform (Sensor Web) erarbeitet, mit der sich die Daten nutzerfreundlich erfassen, speichern und auswerten lassen.

Wirkung von Aufforstung berechnet

Die Projektergebnisse belegen unter anderem, dass eine Aufforstung von nur drei Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Einzugsgebiet des Passaúna-Stausees zu einer Reduzierung der Sedimenteinträge von bis zu 26 Prozent führen kann. Das Verlanden von Stauseen, durch das sich ihr Stauvolumen verringere, sei ein fundamentales Problem der kommenden Jahrzehnte, denn die Menschheit verliere aktuell mehr Stauvolumen, als hinzukomme, sagt Hilgert.

Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass im Sediment gebundene Nährstoffe durch den Klimawandel in tieferen Schichten von Stauseen künftig die Wasserqualität verschlechtern können. In den Subtropen befände sich viel Phosphor bindendes Eisen im Boden und damit auch im Stausee-Sediment. Eisen binde Phosphor aber nur, solange ausreichend Sauerstoff im Wasser zur Verfügung stehe, so Hilgert. Fehle bei steigender Wassertemperatur längere Zeit Sauerstoff, könne sich der Phosphor lösen, was zur plötzlich massenhaften Vermehrung von Cyanobakterien, der Algenblüte, führe, und das Gewässer kippe, erläutert der Geoökologe. Um diese Gefahr rechtzeitig zu erkennen, müssten Stauseebetreiber zusätzlich zur Auswertung von Satellitenbildern den Gewässerzustand, aber auch die Sedimentzusammensetzung seeintern überwachen.

Weitere Informationen unter www.kit.edu

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