Wissenschaft & Forschung

Vom Weltall aus Landnutzungsintensität bewerten

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) beschreiben, wie man mittels Satellitendaten und KI die Landnutzungsintensität beurteilen kann.

Die Karten a bis d zeigen das aus Satellitendaten abgeleitete Ausmaß einzelner Managementarten in Grünland und der daraus resultierenden Landnutzungsintensität im Landkreis Oberallgäu (Bayern) im Jahr 2018. Bild: UFZ

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) haben im Fachmagazin Remote Sensing of Environment beschrieben, wie man mittels Satellitendaten und dem Einsatz von Methoden des maschinellen Lernens die Landnutzungsintensität beurteilen kann. Denn extensiv genutztes Grünland beherbergt eine hohe Artenvielfalt, übernimmt als Kohlenstoffspeicher eine wichtige Funktion für den Klimaschutz und ist Ort der Futter- und Nahrungsmittelproduktion. Diese Ökosystemleistungen sind jedoch gefährdet, wenn auf den Flächen die Produktivität gesteigert werden soll und deswegen die Nutzung intensiviert wird. Bislang fehlen über größere Flächen Angaben dazu, wie es um den Zustand der Wiesen und Weiden in Deutschland bestellt ist.

Mit Satellitendaten aus dem Weltall Landnutzungsintensität bewerten

Im Juni 2015 startete die Raumfahrtmission Sentinel-2 mit dem Erdbeobachtungssatellit Sentinel-2A, im März 2017 wurde Sentinel-2B auf die Reise geschickt. Seitdem kreisen die beiden Satelliten im Weltall in einer Höhe von fast 800 Kilometern und liefern als Teil des Copernicus-Programms der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) unter anderem Daten für den Klimaschutz und die Landüberwachung. Alle drei bis fünf Tage machen sie Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, die dank einer sehr hohen Auflösung von bis zu 10 Metern beste Voraussetzungen liefern, um zum Beispiel Veränderungen der Vegetation zu erkennen. Diese frei zugänglichen Daten nutzte ein interdisziplinäres Forscherteam des UFZ, um daraus beispielhaft für die Jahre 2017 und 2018 zu untersuchen, wie intensiv in Deutschland Grünland genutzt wird - eine Fläche, die nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 4,7 Millionen Hektar und damit fast 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmacht. Sie bräuchten mehr Informationen zur Landnutzungsintensität von Grünland, um die Stabilität und die Funktionsweise der Ökosysteme besser verstehen zu können, so Erstautor Dr. Maximilian Lange. Er forscht als Wissenschaftler im UFZ-Department Remote Sensing, das in das gemeinsam von UFZ und Universität Leipzig betriebene „Remote Sensing Centre for Earth System Research“ eingebettet ist. Je intensiver Grünland genutzt werde, umso stärker würden die Primärproduktion, der Stickstoffeintrag oder die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaveränderungen beeinflusst.

Voraussetzung für den dauerhaften Erhalt des Grünlands ist dessen Nutzung. Fällt sie weg, verbuschen die Flächen. Doch wie intensiv das Management erfolgt, ist entscheidend dafür, wie gut Grünland Ökosystemleistungen erbringen kann. Es werden jedoch bundesweit keine Daten veröffentlicht, wie die Landwirte ihre Grünlandflächen bewirtschaften. Der UFZ-Wissenschaftler leitete nun für Deutschland aus den Satellitendaten mit einer Auflösung von 20 Metern flächendeckend Aussagen zur Mahdhäufigkeit, zur Intensität der Beweidung durch Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen sowie zur Düngung ab.

Um aus der Menge an Messwerten, die die Forscher aus den Satellitenaufnahmen erhielten, Informationen zu den drei Nutzungsparametern herauszuziehen, setzte er auf die Künstliche Intelligenz (KI). Bei den Referenzdaten setzte Lange auf Freilanddaten aus drei Biodiversitäts-Exploratorien, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Hainich, in der Schorfheide und der Schwäbischen Alb finanziert. Dort laufen seit 2006 im Rahmen von Langzeituntersuchungen auf unterschiedlich intensiv genutztem Grünland zahlreiche Experimente, die sich unter anderem damit befassen, wie sich die Landnutzung auf die Biodiversität auswirkt und welche Effekte eine Veränderung der Artenzusammensetzung auf Ökosystemprozesse hat.

Insgesamt fand das UFZ-Team für Deutschland heraus, dass das Grünland 2018 weniger intensiv genutzt wurde als im Jahr 2017. Dies ist vor allem auf die Dürre im Jahr 2018 und den damit verbunden Produktivitätsverlust des Grünlands zurückzuführen. Den Berechnungen zufolge wurden beispielsweise im Jahr 2018 64 Prozent des Grünlands nicht gemäht, 2017 waren es nur 36 Prozent.

Weitere Informationen unter www.ufz.de

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