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Hausgemacht

Bukarest: Die Hauptstadt Rumäniens sucht nach neuen Wegen, sich als moderne und zugleich bürgernahe Stadt aufzustellen. Dass das nicht immer einfach ist, darauf verweist Catalin Vrabie im Interview. Für den Dozenten in den Bereichen öffentliche Verwaltung und E-Government-Strategien und -Politik an der Nationalen Universität für politische Studien und öffentliche Verwaltung in Bukarest ist vieles hausgemacht. Eine Bestandsaufnahme und ein Blick nach vorne.

Die Station „Titan“ in Bukarest: Metrofahren in der Hauptstadt funktioniert nur mit einem separaten Ticket. Bild: Andreas Eicher

Herr Vrabie, wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der digitalen Infrastruktur in Bukarest und wo steht der Mobilitätsstandard 5G?

Im Grunde gibt es in Bukarest eine flächendeckende und zugleich gute Internetverbindung. Davon profitieren nicht nur Unternehmen, sondern auch die Menschen der Stadt. Vieles wird im täglichen Arbeiten leichter und auch die wachsenden digitalen Angebote im privaten Umfeld sind dadurch besser abdeckbar. Allerdings muss bei allen technischen Lösungen auch die Frage erlaubt sein, wer und mit welchen Interessen dahintersteht. Sind es große Konzerne, die ihre eigene Agenda auflegen, oder ermöglichen die digitalen Angebote Mehrwerte für die Verwaltung und dementsprechend für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt? Damit sind wir beim Ausbau von 5G, denn der Mobilfunkstandard kommt aktuell nicht wirklich voran. Im Grunde gibt es ein Konzept, aber 5G scheint noch nicht überall mit der notwendigen Priorität behandelt zu werden. Zudem lässt sich an diesem Beispiel exemplarisch ablesen, wie sich ein solches Thema politisch auflädt. Dann geht es nicht mehr um die beste Umsetzung, sondern es wird Politik auf Kosten des technischen Fortschritts gemacht. Deutliches Zeichen ist der Konflikt rund um Huawei. Und darunter leiden am Ende alle. Nicht nur die Menschen im privaten Umfeld, sondern auch die eigentlich starke Start-up-Szene, etablierte Unternehmen, die Verwaltung und letztendlich die gesamte Infrastruktur der Stadt.


Ein ausführliches Interview mit Catalin Vrabie können Interessierte in der gis.Business 3/2021 nachlesen.


Apropos Infrastruktur. Wenn wir auf die Mobilitätsstrategie der Stadt schauen und dort den öffentlichen Personennahverkehr unter die Lupe nehmen, wie würden Sie das Bild zeichnen?

Auf keinen Fall mit einem konkreten Motiv. Hintergrund ist, dass der öffentliche Personennahverkehr, kurz ÖPNV, in Bukarest nicht ganz einfach zu verstehen ist. Hierzu muss man wissen, dass ÖPNV nicht gleich ÖPNV ist. Das verdeutlicht unter anderem die unterschiedliche „Netzwelt“ von Metro und Busbetrieb. Es gab in der Vergangenheit Bestrebungen, das Metro-Netzwerk mit dem Bus-Netzwerk zusammenzuführen. Das Ganze scheiterte bisher aber daran, dass beide Netze von unterschiedlichen Betreibern geführt werden. Metrorex als Betreiber der Metro ist komplett in staatlicher Hand, während Busse und Straßenbahnen unter der Verwaltung des kommunalen Unternehmens Societate de Transport Bucure?ti stehen. Das heißt, wir sprechen von unterschiedlichen Unternehmen, die nicht verbunden sind sowie unterschiedliche Ziele verfolgen. Das führt dazu, dass beide Strukturen nicht immer auf das große Ganze ausgerichtet sind, nämlich auf eine optimale und zugleich vernetzte Beförderung der Menschen in Bukarest. So zeigt sich beispielsweise, dass für beide Transportmittel unterschiedliche Tickets erforderlich sind. Diese Hürde im Ticketsystem ist nur ein kleiner Ausschnitt, aber sie zeigt exemplarisch die großen Herausforderungen, vor denen die Verantwortlichen stehen. Denn deren Bestrebungen, ein modernes Mobilitätskonzept in der Hauptstadt umzusetzen, werden mit solchen Lücken, ich nenne es mal Servicebrüchen, nicht einfacher. Hinzu kommt die Modernisierung von Wagen, Bussen und Straßenbahnen sowie der gesamten Infrastruktur. Doch genau an diesen Stellen müssen die Verantwortlichen arbeiten, so sie den ÖPNV in Bukarest in eine moderne Zukunft führen wollen.


Catalin Vrabie ist Dozent an der Nationalen Universität für politische Studien und öffentliche Verwaltung in Bukarest. Bild: privat


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