Wissenschaft & Forschung

Erstellung von 3D-Karten eines U-Boot-Bunkers

Digitalisierung des kulturellen Erbes: Forscher an der Jacobs University Bremen erstellen 3D-Karten des U-Boot-Bunkers Valentin.

Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt an der Jacobs University erfasst die Ruine, in der eine Gedenkstätte untergebracht ist. Bild: Jacobs University, Robotics Group

Er war das größte Rüstungsprojekt der deutschen Kriegsmarine: Errichtet maßgeblich von Zwangsarbeitern, erinnert der U-Boot Bunker Valentin in Bremen-Farge unübersehbar an die Verbrechen der NS-Diktatur. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt an der Jacobs University erfasst die Ruine, in der eine Gedenkstätte untergebracht ist, digital – mithilfe von Luft-, Boden und Unterwasserrobotern. Erste Ergebnisse des Vorhabens unter Leitung von Andreas Birk, Professor für Elektrotechnik und Informatik, liegen inzwischen vor.

Es war eine Theateraufführung in der Gedenkstätte – das Antikriegsdrama „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus – die Andreas Birk erstmals näher in Kontakt mit dem Gebäude brachten. Als beklemmend und bedrückend, aber auch als wissenschaftlich herausfordernd, empfand er den Bunker aufgrund seiner Geschichte und Dimension. Mit einer Länge von 426 Metern, einer Breite bis zu 97 Metern und einer Höhe bis zu 33 Metern ist der Bunker Valentin der größte freistehende Bunker Deutschlands. Täglich bis zu 12.000 Zwangsarbeiter wurden zwischen 1943 und 1945 auf der Baustelle eingesetzt, die in benachbarten Lagern lebten. Viele von ihnen kamen dabei ums Leben. 1.700 Tote wurde offiziell registriert, Schätzungen gehen von einer weit höheren Zahl aus.

Birk ist zwar historisch interessiert, als Wissenschaftler, der an Robotern forscht, beschäftigen ihn jedoch vor allem technische Fragestellungen. „Wie kann man so einen riesigen Komplex mithilfe von Robotern digitalisieren? Und dabei die Daten mit verschiedenen Erfassungsmethoden zu 3D-Karten verknüpfen? Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Projekt ermöglicht es Birk, diesen Fragen nachzugehen. Das BMBF fördert das dreijährige Vorhaben im Rahmen eines Programms zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes mit rund 600.000 Euro.

Eine 3D-Karte vom Außenbereich ist mithilfe von Flugdrohnen inzwischen erstellt. Im Inneren, am Boden, kommen Roboter mit Laserscannern zum Einsatz, denn viele Bereiche sind verschüttet und schwer zugänglich. Besonders anspruchsvoll ist die Navigation unter Wasser. Man fahre teils auf Sicht, teils mit Kameras, teils mit Sonar, so Birk. Menschen hätten bei den dortigen Bedingungen keine Chance sich zu orientieren.

Wie man Räume unter Wasser bei sehr schlechten Sichtbedingungen vermisst, ist eine der zentralen Herausforderungen, meint Birk. Eine andere bestehe darin, die Daten, die aus der Luft, am Boden und Unterwasser mit verschiedenen Techniken gesammelt wurden, zusammenzufügen. Man habe inzwischen festgestellt, dass man sich beim Bau des Bunker Valentin kaum an die Pläne gehalten habe, vielfach sei improvisiert worden. So entdeckten die Forscher etwa einen nicht verzeichneten Kellerraum.

Unter anderem mit der Sichtung und Digitalisierung von 216 Bauplänen ist die Historikerin Frederike Buda beschäftigt, sie ist Teil des Projektteams. Buda führte an der Jacobs University auch einen Workshop mit verschiedenen Wissenschaftlern zur Digitalisierung von Zeugnissen des Nationalsozialismus durch. Die Verbindung von Informatik und Geschichtswissenschaften ermöglicht ganz neue Formen der Visualisierung und damit auch der Vermittlung von historischen Themen.

Die in dem Projekt erstellten Daten und 3D-Karten werden der Geschichtswissenschaft und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Allerdings vorerst nicht als komplettes 3D-Modell, mit dem sich Besucher auf eine Zeitreise begeben und durch den Bunker bewegen könnten. Man hofft, dies in einem Nachfolgeprojekt verwirklichen zu können.

Weitere Informationen unter www.jacobs-university.de

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