Mit steigenden Sommertemperaturen nehmen die Gesundheitsrisiken insbesondere in urbanen Gebieten aufgrund der Hitzebelastung zu, zum Beispiel in Städten wie Heidelberg mit hoher Bebauungsdichte und begrenzten Grünflächen. Dies kann zu einem Anstieg hitzebedingter Erkrankungen führen, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie älteren Menschen, Kindern und Personen mit Vorerkrankungen. Als Antwort auf diese Herausforderung hat das transdisziplinäre Projekt „Hitzeanpassung für vulnerable Bevölkerungsgruppen“ (Heal) Klimaanpassungsstrategien entwickelt, um gefährdete Bevölkerungsgruppen während heißer Wetterperioden zu unterstützen und zu schützen.
Neue Wege zur Hitzeanpassung
Das Projektteam besteht aus dem Heidelberger Institut für Geoinformationstechnologie (Heigit) sowie dem Geographischen Institut, Abteilung Geoinformatik und dem Transdisziplinaritätslabor am Geographischen Institut der Universität Heidelberg und wurde von 2021 bis 2024 von der Baden-Württemberg Stiftung gefördert.
Das Projekt Heal ermöglicht eine hitzeangepasste Mobilität mithilfe einer web-basierten Routinganwendung. Dieses hitzevermeidende Routing nutzt Sensordaten sowie Informationen zum Schattenwurf durch Gebäude und Vegetation, um Wegführungen mit geringerer Hitzebelastung zu berechnen. Das Projektteam identifizierte und modellierte Gebiete mit erhöhter Hitzebelastung und entwickelte statistische Vorhersagemodelle auf der Grundlage von Sensordaten und bestehenden Klimaanalysekarten.
Was ist das Besondere an der App? Die Heal-App identifiziere Hitzestress entlang einer Route und berechne dann einen alternativen Weg, der wenig beschattete Hauptstraßen vermeide und die Nutzer durch Parks und schattige Gebiete führe, erläutert Sven Lautenbach, Gruppenleiter am Heigit und Professor für Geoinformatik an der Universität Heidelberg. Sie zeige auch die Art des Weges, den Oberflächenbelag und die Steigung entlang der gewählten Route an. All dies soll die Mobilität an heißen Tagen unterstützen und das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels schärfen.
Bevölkerung miteinbeziehen
Zur Lösung dieses komplexen Problems der städtischen Mobilität griff das Forschungsteam von Projektbeginn an auf eine in der disziplinären Forschung ungewöhnliche Praxis zurück: die direkte Einbeziehung der Bevölkerung und von Experten aus der Praxis. Das Projekt ist nicht nur interdisziplinär, sondern auch transdisziplinär. Zum einen vereint es Fachwissen aus den Bereichen Geographie und Informatik mit Methoden aus der geographischen Gesundheitsforschung und den Sozialwissenschaften. Zum anderen überbrückt es die Lücke zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Forschenden organisierten interaktive Stadtspaziergänge mit ausgewählten Gruppen, zum Beispiel mit Menschen mit psychischen Erkrankungen, um deren Bedürfnisse besser zu verstehen, führten eine Bevölkerungsumfrage durch und interagierten mit Experten aus den Bereichen Medizin, Stadtplanung und Politik.
Sie hätten diesen Weg gewählt, um die unterschiedlichen Bedarfe der verschiedenen Personengruppen besser zu verstehen, erläutert Dr. Kathrin Foshag vom Transdisziplinaritätslabor Geographie am Geographischen Institut der Universität Heidelberg. Über niederschwellige Formate wie Hitze-Workshops mit partizipativen Methoden oder Mobile Instant Messaging Interviews, sozusagen über einen Messenger-Dienst geführte Kurzinterviews, seien lokale Experten aktiv eingebunden worden. Durch diese informellen Interaktionen habe man Herausforderungen und Bedürfnisse identifizieren können, die sonst vielleicht unbemerkt geblieben wären, so Foshag.
Das Heal-Projekt hatte zum Ziel, die Grenzen der Wissenschaft zu überschreiten und das drängende Problem des Hitzestresses in Heidelberg gemeinsam mit der Praxis zu bearbeiten. In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung erweitert die Initiative die Wissensbasis über die Auswirkungen von Hitze auf gefährdete Gruppen, ermöglicht individuelle Hitzeanpassung und unterstützt den kommunalen Hitzeschutz. Darüber hinaus erhält die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen über Hitzeanpassungsstrategien in Form von Broschüren und Hitzekarten von Heidelberg und auf die Heal-App, um Routen mit geringerer Hitzebelastung in Heidelberg zu identifizieren.
Das Projektteam arbeitet an der Übertragbarkeit des Ansatzes und der Routinganwendung auf andere Städte in Deutschland.
Weitere Informationen unter www.heigit.org