Wissenschaft & Forschung

Wasserbedarf von Pflanzen nachhaltig bestimmen

Forscher, die zum Wasserbedarf von Pflanzen forschen und Satellitentechnologie für einen nachhaltigen Wasser-Einsatz in der Landwirtschaft nutzen, erhalten einen Preis.

Ausgezeichnetes Team (v.l.n.r.): Cassi Welling (Constellr GmbH), Dr. Henrik von Lukowicz (Fraunhofer IOF), Dr. Matthias Beier (Spaceoptix GmbH) und Clemens Horch (Fraunhofer EMI). Bild: Fraunhofer / Piotr Banczerowski

Wasser wird zunehmend knapper; eine neuartige Satellitentechnologie, die in Form eines Prototyps mit dem Namen „LisR“ bereits auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt wurde, ermöglicht es künftig, Pflanzen bedarfsgerecht zu bewässern und einen nachhaltigen Umgang mit der lebenswichtigen Ressource sicherzustellen.

Für diese Entwicklung erhält ein Team aus Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI, und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik, IOF, sowie der beiden Spin-offs Constellr GmbH und Spaceoptik GmbH den Fraunhofer-Preis „Technik für den Menschen und seine Umwelt“.

Wasserbedarf von Pflanzen nachhaltig bestimmen

In Deutschland sind wir es gewohnt, ausreichend Wasser zur Verfügung zu haben. Künftig jedoch dürfte die lebenswichtige Ressource knapp werden – schließlich geht der Weltklimarat davon aus, dass infolge des Klimawandels die Intensität und Häufigkeit von Dürren weiter zunehmen. Darüber hinaus wächst die Weltbevölkerung immer weiter: Bis 2050 werden Schätzungen zufolge knapp zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben – Menschen, die mit Nahrungsmitteln versorgt werden müssen. Eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass aktuell etwa 70 Prozent unseres Trinkwassers für Bewässerung genutzt werden. Besonders besorgniserregend: 60 Prozent davon werden durch übermäßige Bewässerung verschwendet.

Geleitet durch die Gründungsidee der Constellr GmbH entwickelten die Forschenden des Fraunhofer EMI, des Fraunhofer IOF sowie der Unternehmen Constellr und Spaceoptix – beides Ausgründungen dieser Institute – die Infrarotkamera „LisR“, kurz für „Longwave infrared sensing demonstratoR“. Nach erfolgreicher Demonstration auf der internationalen Raumstation ISS sollen die Erkenntnisse der Infrarotkamera-Mission als Grundlage für eine Satelliten-Konstellation genutzt werden – eine Satelliten-Konstellation, mit der sich künftig aus dem Orbit die Landoberflächentemperatur messen und die Bewässerung auf den tatsächlichen Bedarf abstimmen lässt. Schon ab 2026 könnten sich auf diese Weise jährlich 180 Milliarden Tonnen Wasser und 94 Million Tonnen CO2 einsparen lassen, während die globale Ernte durch eine gezieltere Versorgung der Pflanzen um bis zu vier Prozent steigen könnte. Dies entspräche zusätzlicher Nahrung für über 350 Millionen Menschen. Für ihre Entwicklung des Technologie-Demonstrators werden Clemens Horch vom Fraunhofer EMI, Dr. Henrik von Lukowicz vom Fraunhofer IOF, Cassi Welling von der Constellr GmbH und Dr. Matthias Beier von der Spaceoptix GmbH mit dem Fraunhofer-Preis „Technik für den Menschen und seine Umwelt“ 2023 ausgezeichnet.

Messung der realen Landtemperatur

Doch wie ermöglicht es die Technologie, solche großen Mengen an Wasser und CO2 einzusparen? Von einem Satelliten aus behalte die Technologie die Erdoberfläche im Blick und detektiere die von dort ausgesandte Infrarotstrahlung – also die Wärmestrahlung, erläutert Welling. Während andere Lösungen lediglich die Landoberflächentemperatur modellierten, würden sie die Temperatur des Blätterdachs oder der Landoberfläche der Vegetation direkt messen. Auf diese Weise könne man eine genaue Bewertung von Wasserverfügbarkeit gegenüber Wasserbedarf vornehmen und Stress früher als je zuvor erkennen. Über die Bewertung lässt sich damit auch auf den Bewässerungszustand der Pflanzen schließen: Sind die Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgt, verdunstet weniger Wasser über ihre Blätter – die Temperatur steigt. Die Wärme an bestimmten Stellen des Ackers kann Landwirten daher einen direkten Anhaltspunkt geben, wo Bewässerung nötig ist und wo nicht.

Um die neue Technologie unter Realbedingungen zu testen, entwickelten die Forschenden den Demonstrator. Im Frühjahr und Sommer 2022 wurde dieser auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt – eine große Ehre. Von der ISS aus konnten sie etwa zehn Millionen Bilder aufnehmen, mit einer Auflösung von rund 80 Metern. Aufbauend auf diesem Erfolg plant Constellr, bis zum Jahr 2028 mit 16 Kleinsatelliten alle 24 Stunden die Temperatur der Landoberfläche überall auf der Erde mit täglicher Frequenz und einer Auflösung von mehr als 50 Metern präzise zu messen. So kann vom Weltraum aus die optimale Bewässerung von Agrarflächen unterstützt werden.

Weitere Informationen unter https://www.fraunhofer.de/

Keywords: Geo-IT, Geodäsie, Geoinformation, Geo, Geoinformatik, GI, Wasser, Klimawandel