Veranstaltungen werden stets groß angekündigt. Da nehmen sich Fußballweltmeisterschaften (Fußball-WM), wie die aktuelle WM in Katar, nichts mit Klimakonferenzen der United Nations (UN) im internationalen Maßstab. Hier wie da rücken zahllose Vertreter aus allen Ecken der Welt an – Fans, Funktionäre und Politiker im Fußball. Lobbyisten, Experten und Politiker bei einer Klimakonferenz. Schließlich waren bei der COP27 rund 200 Staaten mit ihren politischen Vertretern, Klimaexperten und sonstigen Fachleuten vor Ort. Nicht zu vergessen die Unternehmen, deren Interessengruppen und -vertreter.
Die vertane Gelegenheit – abermals
Die Fußball-WM soll Spaß machen, Ergebnisse liefern in Form eines neuen Weltmeisters, ist am Ende aber fast nur noch Big Business. Zweitere, sprich die COP27, sollte den Erst der Lage widerspiegeln, Ergebnisse liefern in Form umfassender Zusagen, unterlag am Ende aber wirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Staaten – vor allem getrieben von der Lobbyarbeit der Unternehmen, die mit fossiler Energie ihr Geld verdienen. So wundert es nicht, wenn „Tagesschau.de“ schreibt: „Die Klimakonferenz hat sich in Ägypten auf eine Abschlusserklärung geeinigt. (…) Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt.“
Damit verkommt die vom ägyptischen Staatspräsidenten Abd Fattah as-Sisi formulierte Aussage zur Farce, wonach er der festen Überzeugung sei, dass die COP27 eine Gelegenheit biete, Einigkeit im Kampf gegen eine existenzielle Bedrohung zu demonstrieren. Diese Gelegenheit wurde indes schamlos vor der Weltöffentlichkeit vertan. Abermals, müsste der Zusatz heißen. Denn die vergangenen Klimakonferenzen haben wiederholt gezeigt, dass es außer warmen Worten und sich selbst Beklatschen wenig Brauchbares zu vermelden gab. Das Gerede vom 1,5-Grad-Ziel ist nach Meinung vieler Klimaexperten längst nicht mehr oder nur schwer zu erreichen. So sprach Prof. Elmar Kriegler, Leiter der Abteilung Transformationspfade am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, im Juli 2022 gegenüber dem Magazin National Geographic von der zwingenden Notwendigkeit, die Treibhausgasemissionen drastisch zu senken:
„Wenn wir auf das 1,5-Grad-Ziel kommen wollen, müssen wir die nächsten Jahre die Treibhausgasemissionen dramatisch senken, und selbst dann werden wir mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit zwischenzeitlich leicht darüber sein.“ Leicht darüber klingt leicht harmlos, hat aber massive Auswirkungen: „Die Klimaschäden sind schon deutlich spürbar und in bestimmten Jahren dramatisch, etwa mit Feuern und Hitzewellen. Hitze, Sturm und Starkregenereignisse werden uns in den kommenden Jahren verstärkt begleiten. Mit jedem Zehntel Grad Erwärmung werden sich diese Effekte deutlich verstärken“, so Prof. E. Kriegler gegenüber National Geographic.
Das alles ist längst bekannt und sollte auch bei den Staatenlenkern angekommen sein. Doch bis dato wurde der Wissenschaft zu wenig Glauben geschenkt. Im Gegenteil: Klimaleugner in Politik und Wirtschaft versuchen seit Jahren die Wissenschaft zu diskreditieren. Zudem werden technische Möglichkeiten nicht im Sinne einer umfassenden Analyse und Zielsetzung zur Rettung der Erde eingesetzt. Dabei ist im Grunde alles vorhanden, was es braucht und auch die Geo-IT-Branche bietet eine ganze Bandbreite möglicher digitaler Lösungen zur Unterstützung nachhaltiger Prozesse. Nur eingesetzt werden diese digitalen Lösungen zu wenig oder noch immer nur partiell. Damit verkommt die Digitalisierung in vielen Fällen zum reinen Selbstzweck. Ärgerlich ist auch die erneute Basarmentalität des Handels im Rahmen der Klimakonferenz, um jeden Halbsatz, um jeden Begriff – sprich, was darf in einer gemeinsamen Abschlusserklärung stehen und was nicht. Und so mussten die Politiker nachsitzen, um zumindest einen Minimalkonsens auf die Beine zu stellen. Im Ergebnis steht ein Klimafond für ärmere Länder. Laut Deutschlandfunk „werden in dem Beschluss allerdings keine Summen für den neuen Fonds genannt. Dazu soll ein Komitee Vorschläge bis zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Dubai erarbeiten.“
Von verschleppten Entscheidungen, Lobbygruppen und fossiler Energieversorung
Damit zeigt sich: Am Ende geht es um Geld und Verantwortung. Denn die, die für die Klimaschäden hauptverantwortlich sind, das heißt in der Mehrheit die reichen Industrienationen, tun einfach zu wenig, um den ärmeren und hauptsächlich betroffenen Staaten zu helfen. Das ist reine Symbolpolitik. Mehr noch verschleppen sie Entscheidungen mithilfe der eingangs bereits erwähnten Lobbygruppen. Christian Stöcker, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), formuliert es in einer aktuellen Kolumne auf Spiegel Online wie folgt: „Im Hintergrund agieren die Saboteure.“ Und er wird deutlich: „Die anscheinend so komplexe Landschaft der Klimapolitik teilt sich, wenn man von China einmal absieht, in zwei sehr übersichtliche Lager: All diejenigen, die tatsächlich aus fossilen Brennstoffen aussteigen wollen, so schnell wie möglich. Und all diejenigen, die mit der Förderung und dem Verkauf von Roh-CO2 Geld verdienen, und deren Handlanger in Medien, Politik und Randgebieten der Wissenschaft.“ Nicht zu vergessen ist der teils krude Versuch der Kriminalisierung derer, die sich gegen den Klimawandel stemmen – sei es „Fridays for Future“ oder der Aktivisten der „Letzten Generation“. Hier tun sich nicht nur manche Politiker hervor, sondern auch mancher Kollege der schreibenden Zunft.
Und die deutsche Politik? Eine der Wortführerinnen, Außenministerin Annalena Charlotte Alma Baerbock, sprach hinsichtlich der COP27-Resultate davon, dass beim Ergebnis Hoffnung und Frustration nahe beieinanderlägen. Kein Wunder, hat sich doch hierzulande die Partei für eine nachhaltige Politik, namentlich Bündnis90/Die Grünen, im Sinne einer ökologischen Neuaufstellung in den letzten Jahren mehr und mehr von den eigenen Idealen entfernt. Das alles mündet nun in einem Fortführen der fossilen Energieversorgung aufgrund der Sanktionen gegenüber Russland. Notgedrungen und ohne wirklichen Plan muss die Ampelregierung neue Wege der Energieversorgung suchen – sei es in Katar oder Saudi-Arabien. Sei es in der Kohleverstromung oder dem zweifelhaften Zukauf von Flüssigerdgas. Und das alles, weil die vergangenen Regierungen den wirklichen und großen Schritt in Richtung erneuerbarer Energien in den letzten Jahrzehnten verschlafen und verschleppt haben. In der Schule würde das alles in Summe heißen: Setzen, sechs. Aber wir sind hier nicht in der Schule. Das Ganze erinnert eher an einen Kindergarten. Süß anzusehen, wäre das Ganze nicht so ernst in seiner Konsequenz.