Wissenschaft & Forschung

Enmap: verräterische Methanfahnen weltweit überwachen

Die deutsche Umweltmission Enmap hat ihre Testphase abgeschlossen und ist in den Routinebetrieb gestartet. Damit lassen sich beispielsweise Methanemissionen überwachen.

Mit Enmap „verräterischen Methanfahnen“ auf der Spur: Mit weltraumgestützten, bildgebenden Spektrometern lassen sich Methanemissionen überwachen. Bild: Enmap Commissioning Phase data 2022 DLR / IIAMA Universitat Politècnica de València

Seit seinem Start vor sieben Monaten hat der deutsche Umweltsatellit Enmap (Environmental Mapping and Analysis Program) fleißig Daten zum Beispiel über Methanemissionen gesammelt. Mehr als 11,4 Millionen Quadratkilometer unserer Erdoberfläche hat er aus circa 650 Kilometern Entfernung mit seinen 242 Spektralkanälen aufgenommen - eine Fläche größer als Europa. Doch diese Daten wurden noch nicht für die Wissenschaft erhoben. Sie wurden gebraucht, um das Hyperspectral Imager (HSI) Instrument optimal für den wissenschaftlichen Betrieb einzustellen und die Qualität der Daten zu überprüfen.

Testphase erfolgreich beendet

Enmap habe ihnen bereits in seiner Kommissionierungsphase erstklassige Aufnahmen von herausragender Qualität von unserem Planeten geliefert. Man freue sich, dass man diese Testphase im Oktober erfolgreich abschließen konnte und nun in den Routinebetrieb starte, betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, die die Enmap-Mission im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) führt. Man dürfe schon sehr darauf gespannt sein, welche neuen, spannenden Erkenntnisse die Wissenschaft in den kommenden Dekaden aus Enmap-Daten für den Schutz unseres Planeten gewinnen werde. Denn sie könnten zum Beispiel dazu beitragen, die Erträge in der Landwirtschaft nachhaltig zu verbessern und damit die Ernährungssicherheit bei einer steigenden Weltbevölkerung sicherzustellen.

Während der Kommissionierung mussten die verschiedenen Komponenten des Enmap-Satelliten sowie das HSI-Instrument verschiedene Tests durchlaufen. In dieser heiklen Phase konnte das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen (GSOC) durch seine langjährige Erfahrung zum erfolgreichen Verlauf der Kommissionierung beitragen und wird auch weiterhin für den Betrieb und - wenn nötig - rund um die Uhr für die Sicherheit des Satelliten im All zur Verfügung stehen. Empfangen werden die Enmap-Daten vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) und dem Institut für Methodik der Fernerkundung in Oberpfaffenhofen, die auch alle Bilder im Rahmen der Kommissionierungsphase kalibriert, auf die Eigenschaften des Instrumentes im Orbit optimiert und gemeinsam mit dem Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) die Datenqualität so stetig verbessert haben. Denn die Daten, die der Satellit zur Erde schickt, sind für den Nutzer nicht direkt verwendbar. Nur wenn sie weiterverarbeitet, also kalibriert, mit Lage- und Positionsbestimmungen versehen sowie die Einflüsse der Atmosphäre korrigiert werden, können die Nutzer am Ende quantitative und qualitative Aussagen aus den Produkten ziehen.

Ab sofort können Forscher weltweit ihre Anfragen beim DLR einreichen. Auf archivierte Daten kann unmittelbar kostenfrei zugegriffen werden. Ein Konsortium unter Leitung der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und des GFZ prüft die Beobachtungsanträge, die aus den Bereichen Einflüsse des Klimawandels, Veränderungen der Landbedeckung und Oberflächenprozesse, Biodiversität und Ökosystem, Zugang zu Wasser und Wasserqualität, natürliche Ressourcen sowie Katastrophenmanagement kommen können. Auch für die „International Charter Space and Major Disasters“ zur kurzfristigen Notfallunterstützung im Katastrophenfall wird Enmap auf Anfrage wichtige Daten liefern und so die Rettungskräfte weltweit unterstützen. Besonders wichtig erachtet die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR die langfristige Überwachung von Umweltveränderungen. Daher wird diesem Themenkomplex ab Start der Routinephase der Mission Priorität bei der Auswahl zukünftiger Beobachtungen eingeräumt.

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft

Der Landwirtschaft kommt in unserer Gesellschaft eine bedeutende Rolle in den Bereichen der Nahrungsmittelversorgung, aber auch in der Baustoff- und Energieversorgung zu. Mit Enmap eröffnen sich nun neue Möglichkeiten für die Präzisionslandwirtschaft und das landwirtschaftliche Monitoring. Denn seine spektral hochaufgelösten Daten enthalten wichtige Informationen über den Zustand und die Gesundheit von Nutzpflanzen. Am 28. Juli 2022 machte Enmap bereits während der Kommissionierungsphase eine Aufnahme vom nördlichen Raum Münchens. Unter der Verwendung von effizienten Algorithmen und modernen Techniken des maschinellen Lernens konnten Wissenschaftler des Departments für Geographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) erstmalig biophysikalische und biochemische Pflanzeneigenschaften großflächig quantifizieren und kartieren. Durch eine wachsende Weltbevölkerung und gleichzeitig starke Umwelteinflüsse der Landwirtschaft, zum Beispiel die Emission klimawirksamer Gase betreffend, steigt die Nachfrage nach landwirtschaftlicher Produktion. Vor diesem Hintergrund können die neuen Informationen in landwirtschaftlichen Managementsystemen genutzt werden, um die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit der erforderlichen Ertragsoptimierung zu unterstützen.

Mit Enmap „verräterischen Methanfahnen“ auf der Spur

Die Produktion fossiler Brennstoffe - hauptsächlich Öl- und Gasförderung sowie Kohlebergbau - ist für große Teile der menschengemachten Methanemissionen verantwortlich. Sie treten häufig als „Methanfahnen“ auf, die von punktförmigen Quellen ausgestoßen werden. Diese relativ kleinen Oberflächenelemente setzen verhältnismäßig große Gasmengen frei und hinterlassen damit eine verräterische Spur in der Atmosphäre. Erkennt man diese Spur schnell, dann kann man die Ursache rasch entfernen und damit die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre bedeutend verringern. Mit weltraumgestützten, bildgebenden Spektrometern wie Enmap lassen sich diese Methanemissionen am besten weltweit und flächendeckend überwachen. Das Potenzial der deutschen Umweltmission zur Kartierung dieser Methanfahnen wurde durch erste Messungen in der Kommissionierungsphase bereits bestätigt. Bei diesen Aufnahmen wurden Öl- und Gasförderbecken im südlichen Teil Turkmenistans von Enmap am 6. Oktober 2022 erfasst. Gleich mehrere aktive Methan-Punktquellen in dieser Region haben Forscher vom Research Institute of Water and Environmental Engineering (IIAMA) der Universitat Politècnica de València anhand abgeleiteter Enmap-Karten zur Erhöhung der Methankonzenverräterischen Methanfahnentration entdeckt.

Weitere Informationen unter www.dlr.de

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