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Lutum und Tappert: Alles auf eine Karte

Was sind schon 35 Jahre? In der Menschheitsgeschichte ein Fingerschnipp, im Menschenleben eine Generation, in der Softwareindustrie aber eine rasante Reise in die graue Vorzeit. Was war da noch gleich? 1982? Unter anderem dieses hier: Regionalplaner Joachim Lutum und Informatiker Werner Tappert entschieden sich, alles auf eine Karte zu setzen und ihr Unternehmen zu gründen. Im Frühjahr 2017 ließen sie die Sektkorken knallen – und feierten auf dem Geomarketing-Kongress 35 Jahre Lutum und Tappert in Bonn.

Joachim Lutum und Werner Tappert (Bild: Monika Rech-Heider)

Joachim Lutum und Werner Tappert (Bild: Monika Rech-Heider)

Früher. War da alles anders? „Die Methoden, mit denen wir heute arbeiten, sind teils wie vor 35 Jahren, als wir mit unserem damals Zwei-Mann-Betrieb gestartet sind. Doch die Technologie, die wir damals eingesetzt haben, steht heute im Museum“, urteilt Joachim Lutum. Und Werner Tappert, Informatiker und Mitbegründer des Bonner Unternehmens „Lutum und Tappert“, ergänzt: „Früher hätten wir gesagt, wir sind ein Softwarehaus, denn wir entwickelten Software, die einfache, verständliche Karten generiert, wenn man sie mit Unternehmensdaten füttert. Heute sind wir ein Beratungshaus für Geo-IT-Anwendungen im Business.“ Auch das eine Veränderung, die mit der Zeit kam. Doch der Reihe nach.

Keimzelle der Bonner Geo-IT-Landschaft

1982 arbeiten der Regionalplaner aus Düsseldorf und der Informatiker aus Duisburg gemeinsam im ersten Forschungsinstitut für raumbezogene Datenverarbeitung „Datum e. V.“ in Bonn. Der Verein hatte die elektronische Geodatenverarbeitung für die öffentliche Planung im Fokus und war mit dieser Thematik weit vorne. Rückblickend kann Datum e. V. als Keimzelle für die Bonner Geo-IT-Landschaft betrachtet werden. Unternehmen wie AED Sicad, nexiga, Infas Geodaten, interactive instruments und eben auch Lutum und Tappert sind aus dem Umfeld des Vereins hervorgegangen. Und Bonn wurde über die Jahre zum erfolgreichen Standort der Geo-IT-Branche. 

Digitale Karten – da war Geduld gefragt

Lutum und Tappert waren damals schon Experten in Fachbereichen, die gerade erst dabei waren, sich zu einer Branche zusammenzufinden. Mit automatisierten thematischen Karten hatte Lutum in seiner Abschlussarbeit an der TU Berlin Neuland betreten. Das war 1974. Und da ging das Kartenmachen noch nicht wie heute auf Knopfdruck. Ganze sechs Wochen brauchte es, um das Programm, bestehend aus 2.000 Lochkarten, ans Laufen zu bringen und eine thematische Karte zur Bevölkerungsverteilung in Bielefeld aus dem Drucker zu ziehen. Allein der Druck der Karte konnte zur Geduldsprobe werden. „War der Stift im Plotter kurz vor Ende des mehrstündigen Plotvorgangs leer, mussten wir wieder von vorne beginnen“, so Lutum. Sein Lohn: „Als ich in meinem Vorstellungsgespräch bei Datum e. V. die Karten aus der Diplomarbeit auspackte, hatte ich den Job sofort.“ Auch Tappert kam früh mit der Kraft der Karte in Berührung – und auch ihn sollte diese Dimension der Wahrnehmung nicht wieder loslassen.

Erst staunen, dann steigern

Lutum und Tappert arbeitet heute mit 18 Mitarbeitern deutschlandweit für Unternehmen, die ihren Vertrieb reorganisieren. Egal, ob Unternehmen wachsen, schrumpfen oder sich neu organisieren, weil die Vertriebsstrukturen über die Jahre unübersichtlich oder nicht mehr zeitgemäß geworden sind – Lutum und Tappert bietet den Unternehmen meist erst den Wow- und dann Erfolgseffekte. „Der Raum ist im Unternehmen oft die vergessene Dimension. Wenn wir kommen und die Daten zu Absätzen und Umsätzen, zu Vertriebsgebieten und -mitarbeitern auf einer Karte visualisieren, ist unser Gegenüber meist erst mal völlig erstaunt“, so Lutum. „Und wenn wir dann noch Potenzialdaten dazu packen, den Vertriebsleuten also aus rechteckigen Tabellen Karten entwerfen, wenn wir ihnen zeigen, welche Geschäfte sie kampflos dem Wettbewerb überlassen oder wo steigende Umsätze möglich sind – dann haben wir sie überzeugt“, so Tappert.

Immer geht es darum, den Vertrieb zu optimieren

In den Dienstleistungen von Lutum und Tappert geht es überwiegend darum, das Geschäft der Kunden zu verbessern. Mehr Kunden zu generieren, Kunden besser zu bedienen, Außendienstmitarbeiter effizienter einzusetzen. In der Folge des Einsatzes von Lutum und Tappert werden Vertriebsgebiete vielleicht neu zugeschnitten, verstärkt Aktivitäten in vergessene Regionen gesteckt oder auch mal kräftig in die Neuakquise von Personal investiert.

Die Dienstleistungen von Lutum und Tappert gehen also mittlerweile bei weitem über den Verkauf einer Software und die Bereitstellung von thematischen Karten hinaus. Gefragt ist tiefes Branchen- und Vertriebswissen. Und beides haben die beiden Geschäftsführer und ihr Team über die lange Zeit aufgebaut. Wo kommen all die Daten her, die es braucht, um herauszufinden, ob ein Anbieter von Fassadenfarben, der Produzent eines Antibiotikums für Milchkühe, der Hersteller von Magnetresonanzscannern, oder der Schraubenzulieferer in der Automobilindustrie seine Potenziale ausgeschöpft hat? Lutum und Tappert kennen die Märkte wie ihre Westentaschen, wissen, dass Potenziale in der Baubranche schwer zu ermitteln sind, weil viele Daten schon veraltet sind, wenn sie auf den Markt kommen. In der Automobilbranche lassen Zahlen zu Neuzulassungen und Besitzerwechsel schneller Rückschlüsse zu. Auch im Medizinsektor funktioniert die Datenakquise über die Behandlungsdaten aus Krankenhäusern, Auswertung von Verordnungsdaten und Apothekenbelieferungen bis auf kleinste räumliche Ebenen hinunter. Durch jahrelange Recherchetätigkeit ist Lutum und Tappert auch Branchenkenner im Energiesektor. „Wir stellen beispielsweise auf unseren Karten dar, wo welcher Netzbetreiber aktiv ist. Daraus ermitteln Stromanbieter für wechselwillige Kunden Angebote, die für sie rentabel sind, ohne sich zu billig zu verkaufen.“, so Tappert.

Erfolgsfaktoren im Bonner Unternehmen

Das Firmenjubiläum feierten die beiden Gründer nicht mit einer schnöden Party. Sie luden Kunden und Interessenten im April diesen Jahres zum gemeinsamen Ideen- und Erfahrungsaustausch auf den Geomarketingkongress nach Bonn.

Den langjährigen Erfolg des Unternehmens erklären die beiden Geschäftsführer mit drei entscheidenden Faktoren: Einer breiten Kundenbasis unterschiedlicher Branchenstruktur und Unternehmensgröße, einem außerordentlich stabilem Team mit geringer Fluktuation und einer stetigen Auseinandersetzung mit technologischen Entwicklungen.

Auch auf Bonn als attraktiven Standort des Unternehmens könnte noch ein Quentchen des nachhaltigen Geschäftserfolgs zurückzuführen sein. Denn Mitarbeitern bietet er ein abwechslungsreiches Freizeit- und Wohnumfeld. Und für Kunden liegt er zumindest in Nord-Süd-Ausrichtung ungefähr in der Mitte Deutschlands. Letzteres lässt sich auch bestens auch auf der Karte zeigen.

www.geomarketing.de