Wissenschaft & Forschung

Uni Bonn: Forschung am digitalen Acker

Welche enormen Möglichkeiten die Digitalisierung auch in der Landwirtschaft bietet, will seit Sommer 2016 ein Forschungsprojekt der Universität Bonn zeigen: Das Ziel ist ein hochpräzises Informationssystem, mit dem der Bauer tagesaktuell Zustand und Wachstumsprognose jeder einzelnen Pflanze auf seinem Feld abfragen kann. Benötigt werden dazu auf der einen Seite zahlreiche Daten und Sensoren rund um die Feldarbeit und auf der anderen Seite ein intelligentes Datenmanagement mit verständlicher Datenaufbereitung für den Landwirt. Für letztes sorgt in dem Verbundprojekt die Firma Terrestris.

Mit Kameras an Drohnen und Traktoren will das Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn dem Ackerboden auf den Leib rücken. Genauer: Digitale Kameras sollen die Pflanzenbestände auf den Feldern aus rund 20 Metern Höhe regelmäßig aufnehmen und damit ortsgenaue Informationen über die Vitalität der Kulturen liefern. Aus den Zeitreihen dieser hochaufgelösten Aufnahmen, auf denen im Grunde jede einzelne Pflanze erkennbar wird, sollen dann geometrische und radiometrische Daten gewonnen und wichtige Vegetationsparameter wie etwa Deckungsgrad, Pflanzenhöhe, Ährendichte, Lage oder Abreifegrad abgeleitet werden. Für Prognosen der weiteren Wachstumsentwicklung kommen zusätzlich tagesaktuelle und standortgenaue Wetterdaten hinzu sowie Informationen zu den Eigenschaften des Pflanzenstandortes und den Bewirtschaftungsmethoden.

Kein triviales Vorhaben: Für die automatisierte Bildauswertungen sind ebenso neue Algorithmen zu entwickeln, wie für die Datenanalyseprozeduren zur Charakterisierung von Pflanzenstandort, Witterung, Pflanzenzustand und Ertrag. Das Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Uni Bonn liefert daher die fachliche Beiträge und ist zugleich auch verantwortlich für die Leitung des auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekts.

Ein weiteres wichtiges Arbeitspaket liegt bei der Firma Terrestris. Die auf Open-Source-Lösungen für den Umgang mit geographischen Daten spezialisierten Bonner Softwareentwickler haben die Aufgabe übernommen, die Informationen automatisch, bedienerfreundlich und per Internet bereit zu stellen. Das neue Informationssystem soll außerdem die komplexe Variation des Ackerbodens visualisieren und Szenarien dazu zeigen, wie die Pflanzenbestände zum Beispiel auf Umweltwirkungen reagieren. So kann der Landwirt mögliche Folgen von geplanten Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Ernteertrag schon einmal vorab am Rechner durchspielen. Aber auch rückblickend will das Vorhaben wichtige Erkenntnisse liefern, etwa durch die Analyse von Menge und Qualität des Ernteertrages mit Blick auf die tatsächlich vorgenommenen Bewirtschaftungsmaßnahmen.

Das Forschungsvorhaben soll die Firma Terrestris 2019 mit einem funktionsfähigen Demonstrator des Informationssystems abschließen. Gedacht ist an ein serverbasiertes Datenmanagementsystem, das georeferenzierte Bild- und Sensordaten ebenso verarbeitet, wie durch Datendienste übermittelte externe Informationen etwa zur Witterung. Für den Nutzer wiederum ist an einen webbasierten Zugriff gedacht, der ihm jederzeit aktuelle, georeferenzierte, räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Daten und Informationen zum Zustand und der Entwicklung seiner Pflanzen liefert. Die Firma Terrestris hat vor, dieses System ausschließlich auf der Basis von bewährten Open-Source-Komponenten zu entwickeln. An einigen dieser Komponenten ist das Unternehmen bereits seit mehreren Jahren in der Kernentwicklung beteiligt, sodass das Forschungsvorhaben hier von einem vertieften Know-how-Vorsprung der Bonner Softwareschmiede profitiert. Die Open-Source-Lizenzen machen zudem die nachhaltige Weiternutzung des Informationssystems nach dem Ende des Forschungsprojekts leicht möglich. Zu den Nutzern des künftigen Informationssystems zählen neben Landwirten auch Lohnunternehmer, Beratungsfirmen und Pflanzenzüchter.

www.terrestris.de

Keywords: Landwirtschaft, Digitalisierung, Geodäsie, Geoinformation, Open Souce, Terrestris