Wissenschaft & Forschung

Schwerkraftmessung im Watt

Mit Wathose und Rucksack, flachen Booten und Amphibienfahrzeugen waren Mitarbeiter des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) seit April im Nationalpark Wattenmeer unterwegs, um die Erdanziehungskraft mit großer Genauigkeit zu messen.

 

Die Erdanziehungskraft der Erde wird auf die 8. Stelle nach dem Komma ermittelt. Foto: Brunckhorst/LKN-SH. Bild: BKG

Die Erdanziehungskraft variiert von Ort zu Ort, da Sedimente, Gesteine und andere Materialien eine unterschiedliche Dichte haben. Die Form des Meeresspiegels auf der Erde entspricht daher nicht einer Kugel, sondern überhöht dargestellt eher einer Kartoffel (mit Dellen und Beulen). Für satellitengestützte Vermessungen spielt das durchaus eine Rolle.

Vom Land und vom Meer gibt es in Deutschland gute, flächendeckende Daten. Im schwer zugänglichen Watt gab es allerdings nur wenige Messungen. Zusammen mit dem Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) und dem Landesamt für Vermessung und Geoinformation erfolgte nun die 312. und letzte Messung an der Westküste Schleswig-Holsteins.

Je gleichmäßiger und enger das Raster sei, umso besser seien die Daten, freut sich Dr. Gunter Liebsch, Referatsleiter im BKG. Die im Abstand von zwei bis vier Kilometern ermittelten Werte schlössen eine große Datenlücke. Mit den Daten kann er nun eine neue und präzise Höhenbezugsfläche berechnen, das „German Combined Quasigeoid“. 2016 soll es auch für Schleswig-Holstein vorliegen.

Anhand dieser Informationen könne man Veränderungen des Meeresbodens, der Wattflächen oder der Strände nun präziser ermitteln, erläutert Fachbereichsleiter Lutz Christiansen den Wert der Arbeiten für den LKN. So lässt sich zuverlässiger feststellen, ob das Höhenwachstum im Watt mit dem Anstieg des Meeresspiegels Schritt halten kann.

Die Messungen erfolgten mit hochempfindlichen Gravimetern. Sie erlauben die physikalisch als „g“ bezeichnete Erdanziehungskraft von durchschnittlich 9,81 m/s² bis auf die achte Stelle nach dem Komma zu bestimmen. Die Messungen im Wattenmeer gelangen, weil das wissenschaftliche und messtechnische Fachwissen des BKG mit der langjährigen Erfahrung des LKN bei Vermessungsarbeiten im Watt kombiniert wurde.

In den zehn Messwochen waren zeitweise drei Messtrupps gleichzeitig im Einsatz. Größere Schiffe des LKN brachten sie so nah wie möglich an die Messpunkte. Mit kleineren Booten oder kleinen Amphibienfahrzeugen ging es weiter. Die aus drei Leuten bestehenden Messtrupps liefen dann barfuß oder in Wathosen zu den vorgegebenen Rasterpunkten, insgesamt einige hundert Kilometer. Oft staunten Seehunde über die Männer, die dort mit merkwürdigen Geräten unterwegs waren – so wie die BKG-Mitarbeiter über die Vertrautheit der Seehunde staunten. Dann war es gut, dass immer ein LKN-Kollege dabei war, der das Wattenmeer und seine Tiere kennt.

Hintergrund

Während die Position eines Objektes direkt aus Satellitenmessungen bestimmt werden kann, ist das bei der dazu gehörenden Höhe nicht direkt möglich. Höhenangaben in Deutschland beziehen sich auf den Meeressspiegel und werden als Höhen über NHN (Normalhöhennull) bezeichnet. Die von der Auto- und Schiffsnavigation bekannten Satellitensysteme (GPS, GLONASS) liefern jedoch Höhen, die sich nicht auf den Meeresspiegel beziehen. Für die Berechnung der notwenigen Korrekturen werden die Messungen der Erdanziehung benötigt.

Weitere Informationen unter www.bkg.bund.de


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